Pressespiegel

zur Listenansicht wechseln

Vom Kreuz mit dem Rückgrat

subversivmesse.net
Mit, 2009-05-20

Am 19.05.2009 fand im Linzer Kulturhaus OK die Verleihung des Goldenen Rückgrats statt. Der Preis wurde anlässlich der Prügelaffäre am 1.Mai in Linz kurzfristig ins Leben gerufen. Ausgezeichnet werden sollen damit Menschen, die durch ihre außergewöhnliche Zivilcourage hervorstechen. Im Kontext der aktuellen Geschehnisse war Rainer Zendron der verdiente erste Preisträger. Eine durchaus unterstützenswerte Sache – deren Kinderkrankheiten aber nicht verschwiegen werden sollen.

Es gilt als Wesenszug linker und fortschrittlicher Bewegungen, sich gegenseitig schlecht zu machen und das Trennende über das Gemeinsame zu stellen. Ich möchte in diese „Selbstzerfleischung“ nicht einstimmen. Aber ich möchte die Preisverleihung, von der ich gerade komme, auch nicht unkommentiert lassen – im Sinne einer konstruktiven Kritik will ich problematische Ansätze aufzeigen. Denn die Veranstaltung war tatsächlich etwas unrund: eröffnet vom Linz09-Kointendanten, besetzt mit einem SP-Gemeinderat und gekennzeichnet durch eine etwas pathetische Laudatio sind mir ein paar Sachen aufgefallen, zu denen ich nicht schweigen möchte.

Die halbe Intendanz und ihre Feinde

Die Preisverleihung darf – ein wenig im Gegensatz zu den Demonstrationen Anfang Mai – als Zeichen einer bürgerlichen Zivilgesellschaft verstanden werden. Das ist gut so. Jede Subkultur braucht Mainstream, jede revolutionäre Bewegung mutmaßlich auch ihre Partei, und es ist für die Aufklärung der Prügelcausa unumgänglich, dass sich auch Intellektuelle, Bürgerliche und parlamentarische Linke öffentlich gegen die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit und zweifelhafte Knüppeleinsätze durch Exekutivebeamte auflehnen. Eröffnet wurde die Verleihung vom 09-Vize Uli Fuchs. Es ist schön, dass er sich mit seinem Amt für die Aufklärung der Affäre einsetzt, es ist wichtig, dass er als Intendant der österreichischen Zivilgesellschaft ein Armutszeugnis ausstellt. Aber es ist sehr bedenklich, wenn er seine Macht am Podium dafür nutzt, in der Eröffnungsrede einen nicht anwesenden Szeneaktivisten namentlich anzugreifen, der durchaus polemisch das Verhältnis der Intendanz zur freien Szene mit dem einer Prügelpolizei zu 1.Mai-DemonstrantInnen verglichen hat. Solche Vergleiche mag man gerechtfertigt finden oder nicht, dies zu diskutieren ist hier nicht Thema – sie bei der Eröffnungsrede zu einer Preisverleihung für zivilcouragiertes Verhalten in Abwesenheit des Betroffenen ins Auditorium zu schleudern („Denken sie darüber nach!“) erscheint aber eher persönlich motiviert als sachlich begründet und der Sache insgesamt abträglich.

Vom Kummer der Sozialdemokratie

Mit so etwas kann ich als gelernter und bezahlter Kulturhauptstadtbewohner leben, von gekränkten Eitelkeiten und ein paar Menscheleien lasse ich mir einen Abend nicht verderben. Schwierig wird es aber, wenn sich die Sozialdemokratie spontan engagiert. Die SPÖ hat bislang, trotz vielfacher interner Anläufe und einiger öffentlicher Aufforderungen, sehr unvornehm zu dem Polizeiangriffen geschwiegen – schließlich ist Wahlkampf, und die SPÖ hat berechtigte Angst, den anderen Parteien Wahlkampfmunition zu liefern. Selbst die eigenen Organisationen (Kinderfreunde, Volkshilfe) wurden öffentlich nicht-unterstützt, als die ÖVP Subventionsentzug für alle Initiativen forderte, die sich für die Aufklärung der Vorfälle am 1.Mai einsetzen.

Doch nun – entweder aus später Einsicht oder halbherziger Unterstützung – schickt der rote Bürgermeister liebe Grüße und einen Boten: einen roten Gemeindemandatar, dessen Hauptaugenmerk darauf liegt, im Gemeinderat gegen die Vorverurteilung von DemonstrantInnen UND Polizisten zu resolutieren. So viel Vertrauen in den Rechtsstaat scheint mir Anhand des Anlasses gewagt, und die bewusste Unparteilichkeit der Partei zur Causa verstört: immerhin wurde das Goldene Rückgrat einer Person verliehen, die wie andere an diesem Tag dezitiert Opfer einer versagenden Rechtsstaatlichkeit wurden. Das Goldene Rückgrat wurde nicht den weinenden Polizisten verliehen, nicht den Krone-Leserbriefautoren oder der Linzer ÖVP-Kandidatin, nein, es wurde bewusst an Rainer Zendron verliehen. Der Solidarisierungsbewegung mit den von Polizeigewalt Betroffenen wird durch die Aussagen des SP-Mannes indirekt, aber unüberhörbar eine Vorverurteilung der Polizei unterstellt – auch dies mag vielleicht irgendwo legitim sein, aber um dies den AktivistInnen unter die Nase zu reiben, hätte sich die SPÖ durchaus ein anders Forum suchen müssen.

Vom Charme der Wirbeltiere

Dass ich die Preisverleihung nicht nur von der Idee, sondern auch von der Umsetzung, wichtig und gut finden kann, sie als unterstützungswürdig und wiederholenswert erachte, verdankt das Zeremoniell nicht zuletzt dem Preisträger: Rainer Zendron schaffte es in seiner spontanen Dankesrede, einige Patzer auszubessern und hat damit wohl tatsächlich (schon wieder) Rückgrat bewiesen. Er betonte, dass nicht er, sondern insgesamt 6 Personen am 1.Mai verhaftet wurden. Er betonte, dass alle Betroffenen Öffentlichkeit verdienten, nicht nur er als gut vernetzter Vizerektor, und forderte das Publikum auf, seine Solidarität auch jenen zu schenken, die sie normalerweise nicht erfahren würden. Er betonte die Solidaritätsarbeit der Szene-AktivistInnen und die Breite des Bündnisses, das sich für die Rechte der Geprügelten einsetzte, und die Wichtigkeit eines gemeinsamen Vorgehens ohne Übergehung derjenigen, die immer übergangen werden.

Schade, dass der Preisträger selbst die wichtigen Worte finden musste.

Vizerektor Zendron wird mit Preis ausgezeichnet

Österreich
Die, 2009-05-19

Linz. Mit einer ganz besonderen Aktion lässt die Kunstuniversität Linz aufhorchen: Vizerektor Rainer Zendron soll heute im Kulturhaus für seine Zivilcourage bei der Demo am 1. Mai mit dem Preis „Goldenes Rückgrat“ ausgezeichnet werden. Zendron wurde bei der Demo verhaftet und verletzt.

Beschwerde beim UVS wegen Polizeiwillkür am 1. Mai

Linker Pressedienst
Fre, 2009-05-15

Angemeldete und genehmigte Demonstration durch Polizei verhindert

Mit einer Beschwerde hat sich KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner als Anmelder und gegenüber der Behörde Verantwortlicher für die linke Demonstration am 1. Mai in Linz jetzt an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Zusammenhang mit den Polizeiübergriffen gegen diese Demonstration gewendet. Furtlehner erhebt als Beauftragter des Aktionskomitees 1. Mai Beschwerde gegen die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich und die Bundespolizeidirektion Linz wegen Verhinderung einer ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Demonstration am 1. Mai 2009.

"Obwohl keinerlei Gewalt oder sonstige gesetzeswidrigen Handlungen seitens der DemonstrationsteilnehmerInnen vorlagen (was durch Foto- und Videomaterial sowie Aussagen hunderter AugenzeugInnen ausreichend belegt ist) erfolgte am Sammelpunkt dieser Demonstration ein in keiner Weise gerechtfertigter und unverhältnismäßiger Polizeieinsatz verbunden mit einer teilweise mit Gewalt durchgeführten Identitätsfeststellung bei einem Teil der DemonstrationsteilnehmerInnen", heißt es in der Beschwerde.

Durch den rund 2 ½ Stunden dauernden Polizeieinsatz wurde ein ordnungsgemäßer Ablauf der Demonstration verhindert, sodass diese nicht stattfinden konnte. Damit sieht Furtlehner das verfassungsmäßige Grundrecht der Demonstrationsfreiheit in Frage gestellt bzw. aufgehoben. Vor allem hält er es als mit der Demonstrationsfreiheit unvereinbar, wenn die Polizei die Teilnahme an einer Demonstration von einer präventiven Identitätsfeststellung abhängig macht.

Schwerwiegend ist die Vorgangsweise der Polizei auch in Hinblick darauf, dass es sich um eine traditionell am 1. Mai als gesetzlichen Feiertag stattfindende Demonstration handelt. Mit Verweis auf eine Sachverhaltsdarstellung über die Ereignisse wird der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich um entsprechende Behandlung dieser Beschwerde ersucht.

Bündnis und Solidaritätsbewegung zum 1.Mai in Linz

at.indymedia
Mit, 2009-05-13

Viel hat sich getan seit dem 1. Mai, ruhig sitzen bleiben war nicht drin. In der Zwischenzeit haben beide Ebenen der solidarischen und kollektiven Reaktion eine Form angenommen, das Bündnis mit klar formuliertem Aufruf und Unterstützer_innenliste und die Solidaritätsbewegung, die einerseits aufgrund eines nicht Vorhandenseins eines gemeinsamen Textes und inhaltlichen Kompromisses politisch inhaltlich weiter gehen und vielfältiger in Erscheinung treten kann als das Bündnis und andererseits eben wegen ihrer Offenheit auch ein wenig unklarer (kein Aufruf, keine Sprecher_innen,...) und wohl auch medial nicht so beachtet wie das Bündnis bleibt, eine Bewegung eben. Beide Strategien sind ein ein wichtiger Bestandteil der Aufarbeitung und Reaktion auf die Vorkommnisse am 1. Mai. Das Bündnis wirkt in die derzeit so empörte (wie lange noch?) so genannte Zivielgeselschaft und versucht den öffentlichen Druck zu erhöhen, die Solidaritätsbewegung ist ein bunter Haufen, der politische Aktivist_innen und die freie Kunst und Kulturszene zusammen bringt. Was auch immer du/ihr für die Betroffenen und/oder die Thematisierung der Polizeigewalt und Einschränkung der Demonstrationsfreiheit tun wollt, macht es und seit Teil der Solidaritätsbewegung. Kulturinitiativen stellen Teile von Konzerteinahmen zur Verfügung, die Demo am 8. Mai „Gegen Polizeigwalt und für Demonstrationsfreheit für alle“ wurde von einigen Leuten spontan und unabhängig vom Bündnis organisiert und auch die Demo am Samstag unter dem Titel „Widerstand statt Naziland!“ zum Parteitag der FPÖ (Treffpunkt 10.30 Volksgarten) ist genauso entstanden.

Auf der Homepage antifa.servus.at gibt es mittlerweile einen Link zu Solidaritätsaktivitäten. Dort sollen die geplanten Soliaktionen angekündigt werden. Es wird darum gebeten eine kurze Darstellung der geplanten, oder schon durchgeführten, Aktivitäten an die Adresse solidaritaet[at]servus.at zu schicken. Diese Texte werden dann auf der Homepage veröffentlicht.
Es wird nun jeden Montag um 19:00 Uhr in der Kapu (Kapuzinerstrsse 36, 4020 Linz) ein offenes Plenum der Solidaritätsbewegung geben, zu dem natürlich alle herzlich eingeladen sind.

Das Bündnis gegen Polizeigewalt wird nun schon von 148 Vereinen und Gruppen und 460 Einzelpersonen unterstützt (Stand: 12.5.09). Weiterhin wird dazu aufgerufen den Bündnistext zu unterstützen, einfach ein Mail mit „ich unterstütze das Bündnis“ an: gegenpolizeigewalt[at]servus.at
Weiters angedacht sind eine Emailkampagne, ein Strassenfest und ein Kongress. Auf jeden Fall aber wird das Bündnis weiterhin Pressearbeit machen und folgende Forderungen unter die Leute bringen:
„Wir fordern die lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes, die sofortige Einstellung der Verfahren und die Rückkehr zu demokratischen Spielregeln und Demonstrationsfreiheit.“
Wer bei dem Bündnis neben der Unterstützung auch mitwirken will ist eingeladen zum nächsten Treffen am 26. Mai um 19 Uhr in Café CUBE, Kaisergasse 14a, 4020 Linz zu kommen.

http://antifa.servus.at/
http://gegenpolizeigewalt.servus.at

Betroffen sind einige, gemeint sind wir

Rubrik Kulturpolitik: Gegen Polizeigewalt - für Demonstrationsfreiheit!

cba.fro.at
Die, 2009-05-12

Jedes Jahr ruft das "Aktionskommitee 1. Mai" zum alternativen 1. Mai Aufmarsch in Linz. Heuer wurde, erstmals in der zweiten Republik, ein 1. Mai Aufmarsch von der Exekutive durch massive Übergriffe auf die Demonstrant_innen verhindert. Nach wie vor argumentiert die Exekutive ihren Einsatz damit, dass rund 50 Personen gegen das Vermummungsverbot verstoßen hätten und deshalb eingekesselt wurden. Aufgrund agressiven Verhaltens der Demonstrant_innen sei die Situation schließlich eskaliert.

Allerdings ist wie auf Fotos und Videos zweifelsfrei festgestellt werden kann, von Beginn bis zum Ende der Einkesselung keine vermummte Person zu sehen. Die Grundstimmung im antifaschistischen Block war, wie zahlreiche Zeug_innenaussagen bestätigen, friedlich und entspannt. Warum die Polizei von einem noch nie dagewesenen Gefahrenpotential spricht, ist völlig unverständlich.

Aufgrund der Geschehnisse am 1. Mai 2009, hat sich spontan das "Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit" gegründet. Auch die KUPF gehört diesem breiten Bündnis an.

Radio KUPF berichtet über die Geschehnisse und den weiteren Verlauf seit dem 1. Mai. Hört in der Sendung ua Statements von drei Verhafteten und ein Interview mit den Bündnissprecher_innen.

Organisationen und Einzelpersonen die das Bündnis unterstützen wollen, können das mittels E-Mail tun: gegenpolizeigewalt@servus.at

Kunstuni-Angehörige stellen sich hinter Vizerektor

derstandard.at
Mon, 2009-05-11

Mit "Bestürzung und Fassungslosigkeit" habe man das "harte und brutale" Vorgehen der Polizei zur Kenntnis genommen

Die Festnahme des Vizerektors der Kunstuniversität Linz, Rainer Zendron, im Zuge einer 1.-Mai-Demonstration der KPÖ sorgt weiterhin für Debatten. Nachdem sich Landeshauptmann Josef Pühringer auf die Seite der Polizei gestellt hatte, melden sich nun die Angehörigen der Kunstuni Linz mit einem offenen Brief zu Wort, in dem sie sich mit ihrem Rektor solidarisch erklären.

Der Brief im Wortlaut:

"Das, unserer Ansicht nach überzogene, harte und brutale Einschreiten seitens der Exekutive gegen die TeilnehmerInnen der von den Behörden genehmigten Maidemonstration widerspricht gänzlich verfassungsrechtlich gesicherten Grundrechten der Bevölkerung. Die vom ORF und von privaten Personen dokumentierten Geschehnisse belegen Misshandlungen der DemonstrantInnen durch Mitglieder der Exekutive und in Folge die unnötige Eskalation, die durch die Polizei provoziert wurde.

Wir schließen uns dem Bündnis gegen Polizeigewalt an und stellen uns klar hinter den Vizerektor der Kunstuniversität Linz, Univ.Prof. Mag.art. Rainer Zendron, der in diesem Zusammenhang von der Polizei misshandelt und brutal abgeführt wurde, obwohl er sich lediglich für die Deeskalation und Schlichtung der Situation einsetzte und mit Zivilcourage handelte. Wir bedauern, dass Rainer Zendron sein Amt ruhend gelegt hat, und fordern eine sofortige Einstellung der Verfahren sowie eine lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes.

ÖH der Kunstuniversität Linz, Betriebsrat für das allgemeine Universitätspersonal, Betriebsrat für wissenschaftliches und künstlerisches Universitätspersonal, Mitglieder des Alumnivereins der Kunstuniversität Linz."

Resolution des Betriebsrats des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz

Mon, 2009-05-11

Resolution des Betriebsrats des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der
Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz zu den Vorfällen
am 1. Mai 2009 und der Festnahme von Vizerektor A. Univ. Prof. Mag. Rainer
Zendron
Der Betriebsrat des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals kritisiert die am 1.Mai 2009
stattgefundenen Vorfälle von Polizeigewalt gegenüber DemonstrantInnen und die Verhaftung
des Vizerektors für Lehre der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz,
Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron, auf das Schärfste.
In Österreich herrscht nach wie vor Meinungsfreiheit, sowie das Recht angemeldete
Demonstrationen unbeschadet für Leib und Leben durchzuführen. Die Aufgabe der Exekutive
ist es Ausschreitungen zu verhindern. Das Sicherheitspolizeigesetz gibt den Einsatzkräften
zwar Befehls- und Zwangsgewalt in die Hände, diese haben dadurch aber nicht die
Legitimation ohne ersichtlichen Grund Personen abzuführen und Gewalt gegen die
BürgerInnen einzusetzen. Diese Zeit sollte rund 75 Jahre zurückliegen und nicht wiederum
aufleben. In anderen Ländern, z.B. Brasilien, hätte die Behandlung des Vizerektors bei seiner
Festnahme zu Protesten vor dem jeweils Obersten Gerichtshof geführt.
Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung besagt, dass alle BundesbürgerInnen vor
dem Gesetz gleich sind. Die Exekutive ist dazu eingesetzt Gesetze zu vollziehen und nicht
sich darüber hinwegzusetzen bzw. sie mit unangemessener Gewalt durchzusetzen. Justizia
sollte neutral sein und auch die Exekutive sollte sich gegenüber den BürgerInnen so verhalten,
dass alle gleich behandelt werden. Der wenig konkret formulierte §9 des
Versammlungsgesetzes verweist auf das Vermummungsverbot bei Demonstrationen, wobei
im konkreten Fall anscheinend bereits das Tragen eines Kapuzenpullovers und einer
Sonnenbrille als Verhüllung von Gesichtszügen angesehen worden ist.
§81 Abs.2 und Abs. 3 des Sicherheitspolizeigesetzes fordern ausdrücklich gelinde Mittel zur
Vermeidung einer Verhaftung eines Menschen. Diese wurden im Fall von Vizerektor A.
Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron allem Anschein nach nicht eingesetzt. Ganz offensichtlich
hat Vizerektor Zendron auch nicht gegen den §35 Zi. 3 Verwaltungsstrafgesetz verstoßen,
(welcher die Festnahme einer Person regelt, wenn diese trotz Abmahnung durch ein
Polizeiorgan die strafbare Handlung fortsetzt oder sie zu wiederholen versucht), da er laut
eigener Aussage zuerst Auskunft über die Situation verlangte (die Exekutive ist zur Auskunft
gegenüber den BürgerInnen verpflichtet) und danach, die von allen politischen Parteien
ständig propagierte, Zivilcourage bewies, indem er einem Impuls eine Person zu schützen
folgte.
Die Gesetzesvollzugsmacht darf sich nur auf Boden der Gesetze bewegen und offensichtlich
war dieser Gesetzespassus des Sicherheitspolizeigesetzes den vor Ort eingesetzten
Sicherheitskräften nicht bekannt. Wie sonst kann man sich erklären, dass in dem offiziellen
ORF Video von den Vorfällen vom 1.Mai 2009 ein nur von hinten erkennbarer Polizist
wiederholt und heftig mit seinem Einsatzstock auf eine nicht weiter identifizierbare Person
einschlägt? Tritt hier nicht der Tatbestand des unverhältnismäßigen Mitteleinsatzes bei
einer Amtshandlung ein? Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt in unserem
Rechtsverständnis (unter Berufung auf Artikel 7 der österreichischen
Bundesverfassung) auch für Polizeibeamte im Einsatz.
Keineswegs möchten wir Pauschalkritik an der Polizei üben, sondern dezidiert festhalten, dass
wir die exzessive Gewaltanwendung einzelner Einsatzkräfte gegenüber DemonstrantInnen auf
das Heftigste ablehnen. An Hand der Videos lässt sich nachweisen, von welchen
Sicherheitsorganen die ihnen zustehenden Kompetenzen überschritten worden sind.
Der Betriebsrat des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der Universität für
künstlerische und industrielle Gestaltung Linz fordert daher eine eingehende Untersuchung
der Vorfälle vom 1. Mai 2009 durch eine unabhängige Kommission, die Suspendierung
derjenigen Beamten, die sich der Kompetenzüberschreitung schuldig gemacht haben, sowie
das Fallenlassen des Anklagepunktes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gegenüber
Vizerektor A. Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron. Zivilcourage darf nicht mit einer Verhaftung
und Strafandrohung sanktioniert werden.

Der Betriebsrat

PK-Buendnis gegen Polizeigewalt und fuer Demonstrationsfreiheit - Linz 8.Mai 2009

cba.fro.at
Sam, 2009-05-09

Umgeschnittene Aufzeichnung der Pressekonferenz des Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit, vom 8. Mai 2009 11 Uhr in Linz.

Verhaftete und Betroffene geben Statements dazu ab, was mit ihnen passiert ist, was Sie erlabe haben, was Ihnen die Polizei vorwirft und wie die Eskalation seitens der Polizei abgelaufen ist und wie Sie selbst gehandelt haben und behandelt worden sind.

Weiters sind zu hören: Reiner Steinweg, Friedensforscher, sowie Vanessa Gaigg, Bündnissprecherin und Christian Diabl, Moderator der PK.

Breite Unterstützung für "Bündnis gegen Polizeigewalt"

rundschau.co.at
Sam, 2009-05-09

Organisationen und Prominente fordern rasche Aufklärung des umstrittenen Polizeieinsatzes vom 1. Mai. Verhafteter Demonstrant behauptet: "Die Gewalt ging immer von der Polizei aus". Landeshauptmann Josef Pühringer stellt sich hinter die Polizei.
Linz - Auf breite Zustimmung stößt das vor rund einer Woche spontan gegründete "Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit". Noch nie zuvor war in Linz in so kurzer Zeit ein so großes Bündnis entstanden, freuen sich die Organisatoren.

Innerhalb kürzester Zeit schlossen sich knapp 100 Organisationen und rund 300 Einzelpersonen - u.a. auch Prominente wie Robert Menasse, Kurt Palm, Robert Misik und Franzobel - dem Bündnis an, das sich für eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle rund um die KPÖ-Demonstration am 1. Mai ausspricht.

Die Versammlung in Linz, die es zu trauriger medialer Berühmtheit brachte, hatte mit fünf Festgenommenen und mehr als 20 Verletzten geendet, rundschau.co.at berichtete. Die Aktivisten sehen nach den Vorfällen vom 1. Mai und den anschließenden politischen Diskussionen das Recht auf Demonstrationsfreiheit gefährtet - undgingen dafür am Freitag auf die Straße.

Beim Zug um 16 Uhr vom Bernaschek-Platz über die Rudolfstraße bis zum Hauptplatz demonstrierten 570 mit.

Auch in Salzburg sollte am Freitag eine Demo zur Polizeidirektion stattfinden.
Pühringer stellt sich hinter Exekutive

Auch die oberösterreichischen Grünen fordern "lückenlose, von einer unabhängigen Kommission geführte Untersuchung des massiven und von Gewalt begleiteten Polizeieinsatzes".

Nach dem im ORF gezeigten Filmmaterial und den widersprüchlichen Aussagen könne nicht einfach zur Tagesordnung zurückgekehrt werden, stellt der Grüne Menschenrechtssprecher Gunther Trübswasser fest.

Volle Unterstützung sicherte dagegen Landeshauptmann Josef Pühringer im Rahmen der Sitzung des Oberösterreichischen Landtages am Donnerstag den heimischen Polizisten zu. Konkret bezog er sich auf den umstrittenen Polizei-Einsatz am 1. Mai.

Manhal: Förderstopp für Bündnis

„Ich stehe voll und ganz hinter der Exekutive“, betonte Pühringer. „Wenn in einem freien Land, mit freier Meinungsäußerung, mit Demonstrationsrecht, wo niemand etwas zu befürchten hat, sich Menschen vermummen, dann hat die Polizei einzuschreiten.“

Noch einen Schritt weiter ging am Freitag Vormittag OÖVP-Klubobfrau Elisabeth Manhal: Sie forderte, die Förderungen der Stadt Linz an jene Organisationen, die das Bündnis gegen Polizeigewalt unterstützen, vorerst einzufrieren.

„Es handelt sich um ein schwebendes Verfahren. Aussage steht gegen Aussage. Bis zur Aufklärung der Vorfälle bei der Links-Demonstration am 1. Mai sollte die Stadt Linz daher keine Förderungen mehr an jene Organisationen auszahlen, die jetzt im `Bündnis gegen Polizeigewalt` die Exekutive vorverurteilen und sich mit offensichtlichen Radau-Brüdern solidarisieren“, ließ Manhal in einer Presseaussendung verlauten.

"Die Gewalt ging immer von der Polizei aus"

Ganz anders beschreibt die Vorgänge einer der verhafteten Demonstranten, der sich am Freitag auf der Pressekonferenz des Bündnisses gegen Polizeigewalt als "Hansi" vorstellte. Er ist einer jener Demonstranten, auf die in dem zitierten ORF-Video von einem Polizisten mit einem Schlagstock eingeprügelt wird.

demo-polizei-1mai(1spbreit)
Die Demonstranten bestreiten weiter vehement,
dass die Gewalt von ihrer Seite ausging.
Bild: Bündnis gegen Polizeigewalt

Er fand sich nach eigenen Aussagen in jenem Teil der Demonstration wieder, die von der Exekutive wegen des Vorwurfs der Vermummung eingekesselt worden war. Sonnenbrille oder Kapuze hätte er zu keinem Zeitpunkt aufgehabt, noch habe er - oder jemand in seiner Umgebung - die Polizisten angegriffen. "Die Gewalt ging immer von der Polizei aus".

Außerdem sei ihm unverständlich, erzählt Hansi weiter, wie der Sicherheitsdirektor für Oberösterreich, Alois Lißl, behaupten könne, die Polizei habe nur auf das aggressive Verhalten der Demonstranten reagiert. "Wenn Lißl das behauptet, ist er entweder schlecht informiert, oder er lügt".

„Es wäre demokratiepolitisch höchst alarmierend, wenn die Vorfälle um die alternative 1.Mai-Demonstration nicht lückenlos aufgeklärt werden würden“, fordert Vanessa Gaigg, Bündnissprecherin.

Causa Zedron: Schaden von der Uni abwenden

Die Linzer Kunstuniversität hofft ebenfalls auf eine schnelle Aufklärung der Vorfälle rund um den ersten Mai. Hintergrund ist die Festnahme des Vizerektors der Kunstuniversität Linz, Rainer Zendron, bei der Demonstration.

Zedron, einer von fünf Verhafteten, hat sein Amt bis zur völligen Aufklärung der Vorkommnisse ruhend gestellt, um der "Universität keinen Schaden zuzufügen".

Die Rektoren der vier Linzer Universitäten haben sich an Bundesministerin Maria Fekter gewandt und eine rasche Aufklärung gefordert.

Friedensforscher plädiert für Dialog mit der Polizei

Der Linzer Friendensforscher Reiner Steinweg sieht die Vorkommnisse am 1. Mai als "traurige und günstige Gelegenheit mit der Polizei einen Dialog zu führen: Was ist passiert, was wird passieren". Er glaubt, dass die sich verschärfende soziale Krise unweigerlich zu schärferen Auseinandersetzungen führen wird.

Dabei könne Gewalt vermieden werden, wenn Bürger und Polizei mit einander in Kontakt treten. Das müsse in institutionalisierter Form und "auf Augenhöhe der anderen Seite" passieren.

Steinweg bezieht sich dabei auf die Erkenntnisse einer Grazer Arbeitsgruppe, "Gewalt in der Stadt", bei denen Gewalt und Fälle von erfolgreicher Gewaltvermeidung untersucht wurde. (vg)

Friedliche Demo für "Demonstrationsfreiheit"

orf.at
Sam, 2009-05-09

Rund 570 Personen haben nach Polizeiangaben am Freitag an einer Kundgebung "für Demonstrationsfreiheit und Antifaschismus" teilgenommen. Die Demo war als Reaktion auf die Eskalation der 1.-Mai-Demo angemeldet worden.

"Ob jung, ob alt, gegen Polizeigewalt"
Der Marsch vom Bernaschekplatz im Stadtteil Urfahr über die Nibelungenbrücke bis zum Hauptplatz wurde von Trommlern begleitet. Die Aktivisten skandierten Sprüche wie "Wir sind wir, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut" oder "Ob jung, ob alt, gegen Polizeigewalt".

Demo am 1. Mai eskaliert
Bei der Veranstaltung vor einer Woche hatte die Polizei rund 50 angeblich Vermummte umstellt und am Weitergehen gehindert. So sollten laut Exekutive strafbare Handlungen vermieden werden. Die Situation eskalierte, es gab auf beiden Seiten Verletzte. Demonstranten betonten später, dass es keine Vermummten und keine aggressiven Handlungen vonseiten der Teilnehmer gegeben habe.

Bewusst im Hintergrund
Etwa 50 Polizisten begleiteten die jüngste Kundgebung. Die Beamten hätten sich "bewusst im Hintergrund" gehalten, erklärte der Linzer Polizeichef Walter Widholm.

Man sei aber gerüstet gewesen und hätte falls nötig über entsprechende Reserven verfügt. Die Exekutive hatte zu Dokumentationszwecken auch eine Kamera im Einsatz.