Breite Unterstützung für "Bündnis gegen Polizeigewalt"
Organisationen und Prominente fordern rasche Aufklärung des umstrittenen Polizeieinsatzes vom 1. Mai. Verhafteter Demonstrant behauptet: "Die Gewalt ging immer von der Polizei aus". Landeshauptmann Josef Pühringer stellt sich hinter die Polizei.
Linz - Auf breite Zustimmung stößt das vor rund einer Woche spontan gegründete "Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit". Noch nie zuvor war in Linz in so kurzer Zeit ein so großes Bündnis entstanden, freuen sich die Organisatoren.
Innerhalb kürzester Zeit schlossen sich knapp 100 Organisationen und rund 300 Einzelpersonen - u.a. auch Prominente wie Robert Menasse, Kurt Palm, Robert Misik und Franzobel - dem Bündnis an, das sich für eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle rund um die KPÖ-Demonstration am 1. Mai ausspricht.
Die Versammlung in Linz, die es zu trauriger medialer Berühmtheit brachte, hatte mit fünf Festgenommenen und mehr als 20 Verletzten geendet, rundschau.co.at berichtete. Die Aktivisten sehen nach den Vorfällen vom 1. Mai und den anschließenden politischen Diskussionen das Recht auf Demonstrationsfreiheit gefährtet - undgingen dafür am Freitag auf die Straße.
Beim Zug um 16 Uhr vom Bernaschek-Platz über die Rudolfstraße bis zum Hauptplatz demonstrierten 570 mit.
Auch in Salzburg sollte am Freitag eine Demo zur Polizeidirektion stattfinden.
Pühringer stellt sich hinter Exekutive
Auch die oberösterreichischen Grünen fordern "lückenlose, von einer unabhängigen Kommission geführte Untersuchung des massiven und von Gewalt begleiteten Polizeieinsatzes".
Nach dem im ORF gezeigten Filmmaterial und den widersprüchlichen Aussagen könne nicht einfach zur Tagesordnung zurückgekehrt werden, stellt der Grüne Menschenrechtssprecher Gunther Trübswasser fest.
Volle Unterstützung sicherte dagegen Landeshauptmann Josef Pühringer im Rahmen der Sitzung des Oberösterreichischen Landtages am Donnerstag den heimischen Polizisten zu. Konkret bezog er sich auf den umstrittenen Polizei-Einsatz am 1. Mai.
Manhal: Förderstopp für Bündnis
„Ich stehe voll und ganz hinter der Exekutive“, betonte Pühringer. „Wenn in einem freien Land, mit freier Meinungsäußerung, mit Demonstrationsrecht, wo niemand etwas zu befürchten hat, sich Menschen vermummen, dann hat die Polizei einzuschreiten.“
Noch einen Schritt weiter ging am Freitag Vormittag OÖVP-Klubobfrau Elisabeth Manhal: Sie forderte, die Förderungen der Stadt Linz an jene Organisationen, die das Bündnis gegen Polizeigewalt unterstützen, vorerst einzufrieren.
„Es handelt sich um ein schwebendes Verfahren. Aussage steht gegen Aussage. Bis zur Aufklärung der Vorfälle bei der Links-Demonstration am 1. Mai sollte die Stadt Linz daher keine Förderungen mehr an jene Organisationen auszahlen, die jetzt im `Bündnis gegen Polizeigewalt` die Exekutive vorverurteilen und sich mit offensichtlichen Radau-Brüdern solidarisieren“, ließ Manhal in einer Presseaussendung verlauten.
"Die Gewalt ging immer von der Polizei aus"
Ganz anders beschreibt die Vorgänge einer der verhafteten Demonstranten, der sich am Freitag auf der Pressekonferenz des Bündnisses gegen Polizeigewalt als "Hansi" vorstellte. Er ist einer jener Demonstranten, auf die in dem zitierten ORF-Video von einem Polizisten mit einem Schlagstock eingeprügelt wird.
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Die Demonstranten bestreiten weiter vehement,
dass die Gewalt von ihrer Seite ausging.
Bild: Bündnis gegen Polizeigewalt
Er fand sich nach eigenen Aussagen in jenem Teil der Demonstration wieder, die von der Exekutive wegen des Vorwurfs der Vermummung eingekesselt worden war. Sonnenbrille oder Kapuze hätte er zu keinem Zeitpunkt aufgehabt, noch habe er - oder jemand in seiner Umgebung - die Polizisten angegriffen. "Die Gewalt ging immer von der Polizei aus".
Außerdem sei ihm unverständlich, erzählt Hansi weiter, wie der Sicherheitsdirektor für Oberösterreich, Alois Lißl, behaupten könne, die Polizei habe nur auf das aggressive Verhalten der Demonstranten reagiert. "Wenn Lißl das behauptet, ist er entweder schlecht informiert, oder er lügt".
„Es wäre demokratiepolitisch höchst alarmierend, wenn die Vorfälle um die alternative 1.Mai-Demonstration nicht lückenlos aufgeklärt werden würden“, fordert Vanessa Gaigg, Bündnissprecherin.
Causa Zedron: Schaden von der Uni abwenden
Die Linzer Kunstuniversität hofft ebenfalls auf eine schnelle Aufklärung der Vorfälle rund um den ersten Mai. Hintergrund ist die Festnahme des Vizerektors der Kunstuniversität Linz, Rainer Zendron, bei der Demonstration.
Zedron, einer von fünf Verhafteten, hat sein Amt bis zur völligen Aufklärung der Vorkommnisse ruhend gestellt, um der "Universität keinen Schaden zuzufügen".
Die Rektoren der vier Linzer Universitäten haben sich an Bundesministerin Maria Fekter gewandt und eine rasche Aufklärung gefordert.
Friedensforscher plädiert für Dialog mit der Polizei
Der Linzer Friendensforscher Reiner Steinweg sieht die Vorkommnisse am 1. Mai als "traurige und günstige Gelegenheit mit der Polizei einen Dialog zu führen: Was ist passiert, was wird passieren". Er glaubt, dass die sich verschärfende soziale Krise unweigerlich zu schärferen Auseinandersetzungen führen wird.
Dabei könne Gewalt vermieden werden, wenn Bürger und Polizei mit einander in Kontakt treten. Das müsse in institutionalisierter Form und "auf Augenhöhe der anderen Seite" passieren.
Steinweg bezieht sich dabei auf die Erkenntnisse einer Grazer Arbeitsgruppe, "Gewalt in der Stadt", bei denen Gewalt und Fälle von erfolgreicher Gewaltvermeidung untersucht wurde. (vg)