Resolution des Betriebsrats des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz
Resolution des Betriebsrats des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der
Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz zu den Vorfällen
am 1. Mai 2009 und der Festnahme von Vizerektor A. Univ. Prof. Mag. Rainer
Zendron
Der Betriebsrat des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals kritisiert die am 1.Mai 2009
stattgefundenen Vorfälle von Polizeigewalt gegenüber DemonstrantInnen und die Verhaftung
des Vizerektors für Lehre der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz,
Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron, auf das Schärfste.
In Österreich herrscht nach wie vor Meinungsfreiheit, sowie das Recht angemeldete
Demonstrationen unbeschadet für Leib und Leben durchzuführen. Die Aufgabe der Exekutive
ist es Ausschreitungen zu verhindern. Das Sicherheitspolizeigesetz gibt den Einsatzkräften
zwar Befehls- und Zwangsgewalt in die Hände, diese haben dadurch aber nicht die
Legitimation ohne ersichtlichen Grund Personen abzuführen und Gewalt gegen die
BürgerInnen einzusetzen. Diese Zeit sollte rund 75 Jahre zurückliegen und nicht wiederum
aufleben. In anderen Ländern, z.B. Brasilien, hätte die Behandlung des Vizerektors bei seiner
Festnahme zu Protesten vor dem jeweils Obersten Gerichtshof geführt.
Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung besagt, dass alle BundesbürgerInnen vor
dem Gesetz gleich sind. Die Exekutive ist dazu eingesetzt Gesetze zu vollziehen und nicht
sich darüber hinwegzusetzen bzw. sie mit unangemessener Gewalt durchzusetzen. Justizia
sollte neutral sein und auch die Exekutive sollte sich gegenüber den BürgerInnen so verhalten,
dass alle gleich behandelt werden. Der wenig konkret formulierte §9 des
Versammlungsgesetzes verweist auf das Vermummungsverbot bei Demonstrationen, wobei
im konkreten Fall anscheinend bereits das Tragen eines Kapuzenpullovers und einer
Sonnenbrille als Verhüllung von Gesichtszügen angesehen worden ist.
§81 Abs.2 und Abs. 3 des Sicherheitspolizeigesetzes fordern ausdrücklich gelinde Mittel zur
Vermeidung einer Verhaftung eines Menschen. Diese wurden im Fall von Vizerektor A.
Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron allem Anschein nach nicht eingesetzt. Ganz offensichtlich
hat Vizerektor Zendron auch nicht gegen den §35 Zi. 3 Verwaltungsstrafgesetz verstoßen,
(welcher die Festnahme einer Person regelt, wenn diese trotz Abmahnung durch ein
Polizeiorgan die strafbare Handlung fortsetzt oder sie zu wiederholen versucht), da er laut
eigener Aussage zuerst Auskunft über die Situation verlangte (die Exekutive ist zur Auskunft
gegenüber den BürgerInnen verpflichtet) und danach, die von allen politischen Parteien
ständig propagierte, Zivilcourage bewies, indem er einem Impuls eine Person zu schützen
folgte.
Die Gesetzesvollzugsmacht darf sich nur auf Boden der Gesetze bewegen und offensichtlich
war dieser Gesetzespassus des Sicherheitspolizeigesetzes den vor Ort eingesetzten
Sicherheitskräften nicht bekannt. Wie sonst kann man sich erklären, dass in dem offiziellen
ORF Video von den Vorfällen vom 1.Mai 2009 ein nur von hinten erkennbarer Polizist
wiederholt und heftig mit seinem Einsatzstock auf eine nicht weiter identifizierbare Person
einschlägt? Tritt hier nicht der Tatbestand des unverhältnismäßigen Mitteleinsatzes bei
einer Amtshandlung ein? Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt in unserem
Rechtsverständnis (unter Berufung auf Artikel 7 der österreichischen
Bundesverfassung) auch für Polizeibeamte im Einsatz.
Keineswegs möchten wir Pauschalkritik an der Polizei üben, sondern dezidiert festhalten, dass
wir die exzessive Gewaltanwendung einzelner Einsatzkräfte gegenüber DemonstrantInnen auf
das Heftigste ablehnen. An Hand der Videos lässt sich nachweisen, von welchen
Sicherheitsorganen die ihnen zustehenden Kompetenzen überschritten worden sind.
Der Betriebsrat des künstlerisch-wissenschaftlichen Personals der Universität für
künstlerische und industrielle Gestaltung Linz fordert daher eine eingehende Untersuchung
der Vorfälle vom 1. Mai 2009 durch eine unabhängige Kommission, die Suspendierung
derjenigen Beamten, die sich der Kompetenzüberschreitung schuldig gemacht haben, sowie
das Fallenlassen des Anklagepunktes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gegenüber
Vizerektor A. Univ. Prof. Mag. Rainer Zendron. Zivilcourage darf nicht mit einer Verhaftung
und Strafandrohung sanktioniert werden.
Der Betriebsrat