Um dem Bündnis beizutreten, schicken Sie bitte eine E-Mail an gegenpolizeigewalt[at]servus.at mit dem Text: "Ich unterstütze das Bündnis gegen Polizeigewalt - Für Demonstrationsfreiheit"
1. Mai Linz: Ein weiterer Freispruch
Gleich vorweg die Info, dass das Bündnis gegen Polizeigewalt die Homepage überarbeitet und aktualisiert hat. Der Pressespiegel wurde vervollständigt, auf der Seite sind nun nicht nur alle Videos und Audios zu finden sondern auch eine Sammlung interessanter und brisanter Dokumente (Sachverhaltsdarstellung an das BIA, Einsprüche gegen Verwaltungsstrafverfügungen etc.) rund um die juristische Aufarbeitung des 1. Mai: http://gegenpolizeigewalt.servus.at
Rainer Zendron: Freispruch im Zweifel
Am Donnerstag den 5.November 2009 stand Rainer Zendron, Vizerektor der Linzer Kunst-Universität, vor Gericht. Es ging bei dieser Verhandlung um den Vorwurf des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Konkret wurde Rainer Zendron vorgeworfen einen Polizeibeamten durch einen Schlag gegen die Schulter tätlich angegriffen zu haben bzw. versucht zu haben diesen in den Schwitzkasten zu nehmen. Dadurch soll er versucht haben die Verhaftung jener jungen Demonstrantin, deren Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, zu verhindern. Rainer Zendron erklärte sein Eingreifen, das er nie bestritt, damit, dass er den Beamten der die Demonstrantin so unsanft zu Boden drückte von der Unangemessenheit seines Handelns überzeugen wollte.
Vier Beamte waren als Zeugen der Anklage geladen. Als erster kam der angeblich attackierte Oberstleutnant Christian Moser (ja genau der mit dem e-mail) zu Wort. Der konnte sich zwar an eine feste Berührung am Hals erinnern ("Ich denke, dass es ein Schlag war, oder zwei.") war aber im Kern in erster Linie darüber erbost, das überhaupt wer nur auf die Idee kommen kann die Arbeit eines Polizisten in Frage zu stellen. Interessant war auch, dass er immer wieder bei detaillierterem Nachfragen des Richters wie denn die Situation genau von statten lief, auf seine Kollegen verwies „da müssen Sie die Kollegen fragen, die haben das genau gesehen“.
Die Aussagen der drei weiteren Beamten divergierten in großen Ausmaß. Alle sagten brav ihr Sprücherl auf von den Schlägen und dem versuchten Schwitzkasten, doch genau beschreiben konnte dies keiner der Beamten und die Geschichten darum herum widersprachen sich zum Teil diametral. Einmal soll Zendron von rechts gekommen sein und Moser von vorne geschlagen haben, einmal von links und von hinten. Diesmal scheint polizeiintern kein ausführliches und klärendes e-mail verschickt worden sein. Die drei konnten auch die Frage des Richters nicht beantworten, wie die Schläge und der Schwitzkasten in den zwei Sekunden getätigt werden konnten, die am ORF Video nicht zu sehen sind. Auch der Widerspruch zwischen dem, von den Beamten wiederholt vorgebrachten, aggressiven Hinstürmen und massiven bedrängen des Oberstleutnant Mosers von Seiten Zendrons, zu einem Beweisfoto auf dem der Richte sowohl Zendron als auch die Situation als eher statisch beschrieb konnte nicht geklärt werden.
Zwischendurch präsentierte der Verteidiger zwei bisher nicht gezeigte Videosequenzen, die Teile von Aussagen der Beamten in Zweifel zogen. Als Zeuge der Verteidigung wurde nur der Anwalt Wolfgang Moringer gehört, der wiederum alle Wahrnehmungen der Beamten widerlegte. Die restlichen 6 Zeug_innen der Verteidigung mussten erst gar nicht aussagen. Der Richter hatte sich schon ein Bild gemacht und schloss sich in seiner Begründung des Urteils den Argumenten des Verteidigers an, das bei einem solchen Tohuwabohu kein Schuldspruch zulässig ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Was an diesem Tag nicht thematisiert wurde sondern in der noch ausstehenden UVS Verhandlung bzw. in möglichen Verfahren gegen einzelne Polizisten zu klären ist, sind die Vorkommnisse nachdem Zendron zu Boden gerungen wird, der Hergang seiner Verhaftung und im speziellen jener Schlag eines Polizisten auf Zendrons Rücken, der durch die ORF Kamera festgehalten wurde.
Das Schlusswort des Angeklagten in der Verhandlung nutzte Rainer Zendron noch zu folgendem Statement:
"Zum Schluss möchte ich festhalten, dass der 1. Mai Aufmarsch keine beliebige Demonstration ist, sondern seit 120 Jahren international von der ArbeiterInnenbewegung und von AntifaschistInnen zur Durchsetzung sozialer und demokratiepolitischer Rechte durchgeführt wird. Er hat daher eine hohe symbolische Bedeutung. Mein Opa wurde vor 75 Jahren ebenfalls in Linz verhaftet, als er mit anderen versuchte, den Maiaufmarsch zu begehen - doch zu seiner Zeit, unter dem Faschismus, war die 1. Mai Demonstration verboten. Heute sind wir zum Glück noch nicht so weit, doch gerade darum bin ich umso mehr empört, dass sich die Polizei anmaßt, den traditionellen Maiaufmarsch unter Vorspiegelung windiger Behauptungen zu sprengen.
Als Grund für das Einschreiten der Polizei wurde seitens der Einsatzleitung angegeben, dass einzelne DemonstrantInnen vermummt gewesen wären. Die Polizei konnte jedoch bis heute kein einziges Foto vermummter DemonstrantInnen vorlegen. Dass Personen dazu angehalten wurden, sich mit einem Namensschild fotografieren zu lassen, um am Aufmarsch teilnehmen zu dürfen, ist demokratiepolitisch dramatisch.
Natürlich erwarte und erhoffe ich, dass ich in der heutigen Verhandlung freigesprochen werde. Gleich wichtig ist mir jedoch, dass endlich jener Polizist vor Gericht kommen möge, der für die Verhinderung der Maidemonstration verantwortlich ist und sich die Innenministerin öffentlich für die Vorfälle entschuldigt."
Die längere, zweiseitige Stellungnahme von Rainer Zendron zum Gerichtstermin und zur Verhinderung des Maiaufmarsches 2009 durch die Polizei kann auf der Homepage vom Bündnis gefunden und gelesen werden.
BIA Ermittlungen
Nur einen Tag nachdem der Anwalt Rene Haumer die Sachverhaltsdarstellung an das BIA übermittelte erlangte die Kanzlei bereits ein Anruf. Die Beamten aus Wien möchten schon nächste Woche einen Ausflug nach Linz machen und die ersten zwei der drei involvierten Demoteilnehmer_innen zur Einvernahme bitten. Jeweils zwei Stunden waren dafür anberaumt. Mit anwaltlichem Beistand wurden diese Termine absolviert, bei denen es sich in erster Linie um den Schlagstockeinsatz der Polizei drehte.
Strafverfügung gegen Anmelder
Nun flatterte dem Anmelder der 1. Mai Demo, Leo Furtlehner von der KPÖ, eine Strafverfügung ins Haus. In dieser wird ausgeführt, das angeblich festgestellt wurde, er habe:
1) [...] "nicht für die Wahrung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Versammlung gesorgt, da an der Versammlung Personen teilgenommen haben, die ihre Gesichtszüge durch Kapuzen, Sonnenbrillen und Staubmasken verhüllt haben, um ihre Wiedererkennung zu verhindern."
2) [...] "die Versammlung nicht aufgelöst, nachdem Ihrer Anordnung an die Versammlungsteilnehmer (sic!), die Gesichtszüge nicht zu verhüllen, keine Folge geleistet worden ist."
In dem postwendend returnierten Einspruch führt Leo Furtlehner aus:
"[...] dass das Vermummungsverbot eingehalten wurde. Dies wird durch zahlreiche Fotos und Videos sowie Aussagen von Personen in mehreren bereits stattgefundenen Gerichtsverfahren bestätigt." und weiter:
"Damit ist auch der Punkt 2) der Strafverfügung gegenstandslos, zumal seitens der Polizei niemals eine derartige Aufforderung die Versammlung aufzulösen an mich gerichtet wurde und auch von Seiten der Polizei keine behördliche Auflösung der Versammlung erfolgt ist und somit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen ist."
Grundlage für die Strafverfügung gegen den Anmelder der Demo am 1. Mai ist eine Anzeige der Polizei wegen "Nichterfüllung der Pflichten eines Versammlungsleiters" vom 30. Juli 2009 in der die Polizei ein weiteres mal ihre eigene Sicht der Dinge zum Versammlungsgesetz und zur Vermummung darlegt. Zumindest wird auch erwähnt, dass sich ein Teil der eingekesselten Demonstrant_innen "standhaft weigerten" sich einer Identitätsfeststellung zu unterziehen.
Strafverfügung wegen einem Halstuch
Bezüglich der Strafverfügung wegen einem bei der Demo am 1.Mai eingestecktem Halstuch und der angeblich damit einhergehenden Verletzung des Rechts nach § 9 Abs. 1 Z. 2 Versammlungsgesetz (dem sogenannten Vermummungsverbot) hat der Anwalt einen argumentierten Einspruch geschrieben. In diesem legt er dar:
"Ein Halstuch ist seinem Wesen nach dazu bestimmt, um den Hals getragen zu werden. ebenso ist beispielsweise eine Baseballmütze ihrem Wesen nach dazu bestimmt, am Kopf getragen zu werden. Ein Rollkragenpullover ist seinem Wesen nach dazu bestimmt, als Kleidungsstück am Körper getragen zu werden."
All dies Dinge sind per se nicht strafbar. Laut Gesetz ist es verboten Dinge mit sich zu führen "die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern.", also Gegenstände die NUR dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern. Ein Halstuch jedoch ist seinem Wesen nach ein Halstuch.
Immer noch nicht nachvollziehbar ist überhaupt das Bemühen nun durch verwaltungsstrafrechtliche Strafverfügungen Druck auf politische Aktivist_innen auszuüben, wobei gleichzeitig sich ein Vorwurf der Polizei nach dem anderen in Luft auflöst und die Polizei (vor allem auch in Linz) eigentlich ganz andere Sorgen haben müsste.
Wir ziehen Zwischenbilanz: drei Freisprüche, eine Einstellung des Verfahrens, eine nicht rechtskräftige bedingte Verurteilung zu 360 Euro einerseits, Untersuchungen (Menschenrechtsbeirat, Volksanwaltschaft) und Verfahren (BIA, Staatsanwaltschaft) gegen die Polizei andererseits.
Autonome Rechtshilfe (Linz)
4:0, Freispruch für Rainer Zendron!
Beim heutigen Prozess wurde Rainer Zendron vom Vorwurf am 1. Mai einen Polizisten attackiert zu haben freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Statement der Bündnissprecher_innen bei der Pressekonferenz nach Rainer Zendrons Freispruch (5.11.2009)
Statement von Rainer Zendron bei der Pressekonferenz nach seinem Freispruch (5.11.2009)
Presseerklärung 03.11.09
Der Prozess gegen Rainer Zendron
Am Donnerstag den 5. November steht der Vizerektor der Linzer Kunstuniversität Rainer Zendron vor Gericht. Ihm wird "versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt" im Rahmen der 1. Mai-Demonstration vorgeworfen. Konkret wird Zendron beschuldigt einen Polizeibeamten durch einen Schlag gegen die Schulter tätlich angegriffen zu haben. Die Verhandlung ist für 9.00 bis 12.00 Uhr in Zi. 132 des Landesgericht Linz angesetzt.
Im Anschluss (ca. 12.30) lädt das Bündnis zu einer Pressekonferenz in das Café Solaris (OK-Platz 1, 4020) ein, bei der Rainer Zendron sprechen und den Medien zur Verfügung stehen wird.
Bündnis gegen Polizeigewalt weist Kritik Lißls entschieden zurück
In der letzten Presseaussendung des Bündnisses veröffentlichten wir weitere Belege für polizeiinterne Absprachen in der 1.Mai-Causa (APA-Meldung 28.10.09). Gegenüber der APA erklärte LIßl: "Jetzt Vorverurteilungen vorzunehmen, ist unfair"
Angesichts der mitgelieferten Dokumente von Vorverurteilungen zu sprechen, ist an sich schon gewagt. Völlig unakzeptabel ist Lißls Reaktion aber angesichts seines eigenen Verhaltens: In der "Rundschau am Sonntag" vom 3. Mai 2009 kommentierte er den vom ORF aufgezeichneten Knüppeleinsatz mit den Worten: "Was man im Video nicht sieht ist, dass die Person massiv mit einem Schlagstock auf den Polizisten einschlägt." Der angesprochene Demonstrant ist in der Zwischenzeit rechtskräftig Freigesprochen, weder die ZeugInnen der
Anklage oder der Verteidigung, noch das von der Polizei selber produzierte Video konnten Lißls Aussage auch nur ansatzweise bestätigen. (siehe http://www.youtube.com/user/bgegenpolizeigewalt)
"Wir wissen nicht ob Lißl bewusst die Unwahrheit gesagt hat oder von seinen Untergebenen falsch informiert wurde", halten die BündnissprecherInnen Vanessa Gaigg und Christian Diabl fest. "In beiden Fällen erscheint es fraglich ob Lißl der richtige Mann für den Posten des Sicherheitsdirektors ist", so Gaigg und Diabl abschließend.
Rückfragehinweis: Christian Diabl, Vanessa Gaigg- 0650/2728398
Verhandlung von Rainer Zendron
Am 5. November findet von 9.00 bis 12.00 Uhr der Prozess gegen Rainer Zendron, Vizerektor der Linzer Kunst-Universität, im Landesgericht Linz, Zi. 132 statt. Vorgeworfen wird ihm "Widerstand gegen die Staatsgewalt". Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
1. Mai Linz: Abgründe polizeilicher Ermittlungsarbeit
Da sich die Ereignisse überschlagen hier nach zwei Wochen ein weiteres Update zum 1. Mai in Linz. Der letzte Bericht (zur Sachverhaltsdarstellung an das BIA und den fragwürdigen Aussagen von Polizisten vor Gericht) kann auf der Seite vom Bündnis gegen Polizeigewalt oder auf http://at.indymedia.org/node/15952 nachgelesen werden.
Oberstleutnant Christian Moser
Unerwartet ist, wie medial am Montag den 20. Oktober schon ausführlich breitgetreten, beim Untersuchungsausschuss zur Klärung diverser Justiz- und Spitzelaffären ein e-mail des von Christian Moser vom Einsatzreferat des Linzer Stadtpolizeikommandos aufgetaucht, das weitere Auskunft darüber gibt, wie polizeiintern Aussagen abgesprochen bzw. angeordnet werden. Das Einsatzkommando forderte einen beteiligte Polizisten auf, zu dem Vorfall eine Zeugenniederschrift zu verfassen – und lieferte "einen Vorschlag" gleich mit. Für Peter Pilz "[...] ein klarer Fall von versuchter Anstiftung zur falschen Beweisaussage“ (OÖN, 21.10.09)
Es muss jedoch auch angemerkt werden, dass der kontaktierte Beamte in Mondsee sich nicht an die Anordnung hielt und seine eigene Wahrnehmung und Erinnerung zu Papier brachte (nach der er für gar keinen Pfeffersprayeinsatz verantwortlich ist). Nachstehend das gesamte e-mail, das von Christian MOSER an den Kollegen in Mondsee geschickt wurde. Dieser Text wie weitere Aussagen von Uwe Sailer im U-Ausschuss können auf der Homepage von Peter Pilz (http://www.peterpilz.at) nachgelesen werden (Tagebucheintrag vom 19. Oktober 2009).
"Grüß dich Kollege!
Das ua. Angehängte Schreiben des Kripo-Sachbearbeiters MEMIC bedeutet folgendes:
Eine dunkle Frau ist besprüht worden, war beim Angriff auf die EE-Kette mit dabei, hat was abbekommen, ging dann ins Krankenhaus, meldete sich verletzt und behauptet nunmehr aus rassistischen Gründen besprüht worden zu sein.
Bitte eine ZEUGENNIEDERSCHRIFT mit deinem PI-Kdten machen, sehr kurz und bündig; das mit dem Personalblatt jetzt noch nicht, so weit sind wir noch lange nicht, nur weil eine Besprühte glaubt sie muss die Rassismuskeule schwingen.
Inhalt der NS sinngemäß: „Ich habe einen rechtswidrigen Angriff auf die EE abgewehrt, es handelt sich hierbei um das Delikt des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung durch zahlreiche unbekannte Täter zu meinem Nachteil und zum Nachteil meiner Kollegen in der Kette. Ich sprühte somit in Notwehr und Nothilfe. Ich kann mich / ich kann mich nicht an eine dunkle Frau erinnern.
Das Besprühen aus rassistischen Gründen ist eine Unterstellung, die jeder Grundlage entbehrt und meiner Ansicht nach den Tatbestand der Verleumdung darstellt.
Mehr kann ich dazu nicht angeben."
Das ist nur ein Vorschlag, länger soll´s nicht werden und inhaltlich drückt es wohl eh alles aus. Einmal per mail an mich, einmal im Original mit Unterschrift im Kuvert mit der Dienstpost an mich. Ich speichere bei mir ab und leite an den Kollegen MEMIC von der Kripo weiter.
Bitte mit dem Kdten besprechen, bei Bedarf Rücksprache mit mir.
Christian MOSER, Obstlt"
Laut Medienberichten hatte die Demonstrantin der Polizei den Vorwurf gemacht "aus rassistischen Gründen" mit Pfefferspray besprüht worden zu sein. Bei der genannten Demonstrantin handelt es sich um eine der beiden Beschwerdeführer_innen der UVS Beschwerde zum Pfeffersprayeinsatz (die vom UVS im September gegen die verletzten Demonstrant_innen entschieden wurde), wobei ein Vorwurf des rassistischen Profiling nicht Gegenstand der Beschwerde war.
Oberstleutnant Christian Moser ist im Übrigen der Polizist auf dessen Initiative hin jene Demonstrantin wegen „schwerer Körperverletzung“ verhaftet wurde deren Verfahren danach von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.
Weitere E-Mail-Absprache
Das von Peter Pilz präsentierte E-Mail ist nicht der einzige Beleg für eine Absprache über Aussagen. Auch im Ermittlungsverfahren das dem zweiten Freispruch im September voran ging findet sich ein Beleg dieser polizeiinternen Praxis. In einem E-Mail bittet der ermittelnde Kriminalpolizist S. den als Zeugen bei der Verhandlung geladenen Polizisten GI F. auf, seine Meldung mit der des Kollegen RI G. abzustimmen:
"Liebe Kollegen.
Ich ersuche euch um eine Stellungnahme zu o.a. Amtshandlung, für den Teil, wo ihr bei der Amtshandlung anwesend, bzw. mit dem Beschuldigten/Täter Z. befasst ward.
Für Koll. F.: s. Bericht Koll. G. und weiters um Angabe, wer die Zielperson war. (vermutl. Akte E., 23395/2009)"
Als Ergebnis dieses Prozesses der Ermittlungen fanden sich zwei fast gleichlautende Amtsvermerke im Akt. Sowohl das E-Mail sowie Auszüge aus den beiden Amtsvermerken befinden sich als .pdf auf der Homepage vom Bündnis. Vergleicht selbst:
Im Amtsvermerk des Herrn RI G. ist zu lesen:
"[...] Es wurden diese bevorstehenden Greiftruppaktionen von "Lentos 50" in Ruhe vorbereitet und auf die Problematik von wahrscheinlich anstehenden Widerständen hingewiesen, zumal dies von der Demonstrantenseite auch angekündigt wurde.
Nachdem eine Person, welche sich augenscheinlich als "Rädelsführer" hervortrat, als Zielperson für den Zugriff bestimmt wurde und dieser aufgrund eines taktisch günstigen erscheinenden Zeitpunktes ausgelöst wurde, drang "Lentos 50" in der Stärke von 7 Einsatzbeamten in den "schwarzen Demoblock" ein, [...]. Z. erkannte offenbar sofort, wer Zielperson unseres Zugriffs war und begann noch während unseres Eindringens das Ergreifen desjenigen zu verhindern. Er versuchte, die Person nach hinten in die Demonstrantenmenge zu reißen bzw. in weiterer Folge ihn aus den Festhaltegriffen der zugreifenden Einsatzbeamten loszureißen.
Gleichzeitig drang er vehement mit seinem Körper gegen uns und schlug bzw. trat mit seinen Beinen gegen die zugreifenden und absichernden Beamten."
Im Amtsvermerk des Herrn GI F. ist zu lesen:
"[...] Diese Greiftruppaktion wurde von "Lentos 50" noch in einem sicheren Bereich (hinter dem eingekesselten "schwarzen Block") vorbereitet und abgesprochen. Es wurde auch auf die Wahrscheinlichkeit heftiger Widerstände hingewiesen, da dies von den Demonstranten bereits lautstark angekündigt worden war. [...]
Nachdem eine Person, welche augenscheinlich als "Rädelsführer" auftrat, als Zielperson für einen Zugriff bestimmt worden war, drang "Lentos 50" in einem taktisch günstig erscheinenden Zeitpunkt in der Stärke von 7 EB in den "schwarzen Block" ein. [...] Z. erkannte offenbar sofort die Situation und begann noch während unseres Eindringens, die Zielperson nach hinten in die Demonstration zu reißen bzw. versuchte, diese Person [...] aus den bereits erfolgten Festhaltegriffen der zugreifenden EB. loszureißen.
Gleichzeitig drängte er mit seinem Körper gegen uns und trat mit den Beinen sowohl gegen mich, (meine Beine) als auch gegen die zugreifenden EB."
Ein hübsches Durcheinander
Im Gegensatz zu dem immer wieder beteuerten Bemühen der Polizei die Vorkommnisse am 1.Mai restlos aufklären zu wollen ist es gerade dieser Apparat der sich immer mehr in Widersprüche verstrickt und immer mehr Fragen aufwirft als diese zu klären. Für die Prügelorgie gibt es im Großen und Ganzen zwei Erklärungstheorien. Entweder es war eine von höherer Stelle bewusst angeordnete und gesteuerter Eskalationsstrategie oder (für was immer mehr Indizien sprechen) die Beamt_innen der Einsatzeinheit Lentos haben auf eigene Initiative gehandelt und sich den Anordnungen der Linzer Polizeiführung widersetzt. Entweder die Verantwortlichen ließen prügeln oder haben es nicht geschafft dies zu verhindern. Wie mensch es auch dreht und wendet, es bleibt skandalös.
Die Theorie der unfähigen Führung bzw. nichtfunktionierenden Befehlskette wird durch manche Aussagen genährt. So bestätigte der Anwalt Wolfgang Moringer, der am 1.Mai bei der Demo anwesend war: „Ich sagte zu Magister Fuchs [Anm: stv. Polizeidirektor von Linz]: Zieht’s euch doch zurück, dann ist in fünf Minuten eine Ruhe. Doch der Behördenvertreter konnte sich nicht gegen den Wachkörper durchsetzen.“ (nachrichten.at, 05.05.2009) In der Zeitung Österreich war zu lesen: "Auch intern spricht man in der Polizeiführung von „unglücklichen Verquickungen von Umständen. Die Einsatzleitung hätte stets auf Deeskalation gesetzt, sei dann aber von der Entwicklung überrascht worden. „Da sind einige wenige plötzlich ausgezuckt“, so ein Insider." (Österreich, 15.10.2009) Und laut ORF OÖ rückt nun auch der Linzer Polizeidirektor Walter Widholm von der bisher gebrauchten Solidarisierungen mit den im Einsatz verwickelten Beamt_innen ab und meint nun "[...] das Verhalten einzelner müsse überprüft werden" (ooe.orf.at, 15.10.2009). Herr Widholm wird es sich jedoch nicht so leicht machen können die Verantwortung für den gewalttätigen Überfall auf die Demo am 1.Mai einzelnen Beamt_innen unterer Dienstgrade zuzuschanzen, als Verantwortlicher der Behörde wird er auch selber seine Verantwortung dafür übernehmen müssen. Ob das passieren wird?
Autonome Rechtshilfe (Linz)
http://at.indymedia.org/node/16088
28.10.09: Weitere E-Mail-Absprache im Fall 1. Mai
Bündnis gegen Polizeigewalt kritisiert polizeiinterne Absprachen
Vergangene Woche sorgten Enthüllungen von Peter Pilz für einen weiteren Skandal rund um den 1. Mai in Linz. Einem Beamten, der mit Vorwürfen von Seiten einer Demonstrantin konfrontiert wurde, lieferte der Einsatzleiter Oberstleutnant Christian Moser einen vorgefertigten „Textvorschlag“ für einen „wünschenswerten Aussageinhalt“ per E-Mail. Herr Moser ist auch jener Polizist auf dessen Initiative hin eine Demonstrantin wegen „schwerer Körperverletzung“ verhaftet wurde, deren Verfahren danach von der Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsstadium wegen fehlender Strafbarkeit eingestellt wurde.
Wir haben also bis dato ein Polizeivideo, dass nicht den Weg zum Gericht fand, einen zu einer Anklage führenden Aktenvermerk der von einer Hand voll Polizisten unterschrieben wurde, die vor Gericht zugeben mussten, den darin beschriebenen Sachverhalt selbst gar nicht wahrgenommen zu haben und eine - nach Einschätzung von Peter Pilz – zumindest den objektiven Tatbestand der "Anstiftung zur falschen Beweisaussage“ erfüllende Verhaltensweise eines Polizisten.
Nun finden sich weitere Hinweise darauf, dass diese Praxis kein Einzelfall ist: Auch im Ermittlungsverfahren, das dem zweiten Freispruch im September vorausging, bittet der ermittelnde Kriminalpolizist S. den als Zeugen bei der Verhandlung geladenen Polizisten GI F., seine Meldung mit der seines Kollegen RI G. abzustimmen:
"Liebe Kollegen.
Ich ersuche euch um eine Stellungnahme zu o.a. Amtshandlung, für den Teil, wo ihr bei der Amtshandlung anwesend, bzw. mit dem Beschuldigten/Täter Z. befasst ward.
Für Koll. F.: s. Bericht Koll. G. und weiters um Angabe, wer die Zielperson war. (vermutl. Akte E., 23395/2009)"
Als Ergebnis dieses Prozesses der Ermittlungen fanden sich zwei fast gleichlautende Amtsvermerke im Akt. Sowohl das E-Mail sowie Auszüge aus den beiden Amtsvermerken finden sie als .pdf im Anhang zu dieser Aussendung. Vergleichen Sie selbst.
Zu dieser Angelegenheit schrieb der Anwalt der Opfer Mag. Rene Haumer in der Sachverhaltsdarstellung an das Büro für Interne Angelegenheiten: „Strafrechtlich wird auch zu bewerten sein, dass im Ermittlungsverfahren [...] der ermittelnde Kriminalpolizist Herrn GI [...] den von Herrn RI [...] erstellten Amtsvermerk zu den Geschehnissen am 1. Mai 2009 zur Verfügung stellte. Hier könnte für einen außen stehenden Beobachter der Eindruck gewonnen werden, dass eine einheitliche, inhaltlich abgestimmte Verantwortung beider Polizisten herbeigeführt werden sollte. Dies umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Berichte beider Polizeibeamter nahezu wortgleich abgefasst sind, Herr GI [...] aber in der Hauptverhandlung vom 17.9.2009 seine schriftliche Darstellung in den entscheidenden Punkten relativierte.“
„Diese polizeiliche Praxis wirft ein sehr zweifelhaftes Licht auf die Linzer Polizei und legt den Verdacht nahe, dass diese Form der Absprachen keine Einzelfälle sind“, halten die BündnissprecherInnen Vanessa Gaigg und Christian Diabl fest.
„Das „Bündnis gegen Polizeigewalt“ fordert die Verantwortlichen Lißl und Widholm auf diesen Vorgängen auf den Grund zu gehen und nicht zuzulassen, dass das Vertrauen in unseren Rechtsstaat weiter ausgehöhlt wird“, so Gaigg und Diabl weiter.
„Gerade im Lichte der jüngsten Erkenntnisse rund um die Vorfälle in Krems, Spitzelvorwürfe und der diversen Untersuchungsausschüsse müssen Polizeistrukturen und Corpsgeist endlich hinterfragt werden“, schließen Gaigg und Diabl.
Rückfragehinweis: Christian Diabl, Vanessa Gaigg- 0650/2728398
Anhang | Größe |
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pa_271009[1].pdf | 1.83 MB |
Bündnistreffen
Liebe FreundInnen und UnterstützerInnen,
Am 5. November findet der Prozess gegen Rainer Zendron statt. Alle Organisationen und Interessierte sind deshalb herzlich zum Bündnistreffen eingeladen!
Bündnistreffen: Donnerstag 29. Oktober 18.00 Uhr
diesmal im servus.at - Clubraum
Stadtwerkstatt (1. Stock), Kirchengasse 4, 4040 Linz
solidarische Grüsse
Bündnis-Koordination
1. Mai Linz: Polizeibeamte vor Gericht?
[Eine Zusammenfassung (Stand 16.10.09) der Rechtshilfe zu den juristischen Belangen:]
Es ist wieder einmal an der Zeit die letzten Wochen Revue passieren zu lassen und die neuen Entwicklungen bezüglich der juristischen und medialen Aufarbeitung der Ereignisse vom 1. Mai in Linz zusammenzufassen. Wie es scheint wendet sich nun das Blatt und nachdem die Prozesse der Demonstrant_innen sich dem Ende zuneigen, beginnt die gerichtliche Auseinandersetzung um die polizeilichen Prügelattacken.
Der Freispruch von Günther ist in der Zwischenzeit rechtskräftig. Schon jetzt und vor dem letzten Prozess ist klar, dass der Versuch der Kriminalisierung von antifaschistischem und linkem Engagement diesmal nach hinten losgegangen ist. Ein Verfahren wurde eingestellt, zwei Freisprüche erwirkt und eine bedingte Verurteilung zu 360 Euro ausgesprochen (diese ist noch nicht rechtskräftig). Keiner der von der Polizei ins Feld geführten Anzeigen wegen schwerer Körperverletzung folgte ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft. Für den Prügeleinsatz fehlt nun jede nachträgliche Legitimation. Nun bereiten sich die Betroffenen, der Anwalt und die Rechtshilfe einerseits auf den letzten Prozess in 1.Instanz vor und gehen andererseits dazu über mit Nachdruck eine gerichtliche Verfolgung der Übergriffe durch die Polizei einzufordern.
Als Replik der letzten Verhandlung und dem Freispruch von Günther wurde nun vom Bündnis gegen Polizeigewalt bei einer Pressekonferenz am 14. Oktober jenes ORF Video präsentiert, dass unter anderem zum Freispruch geführt hat. Der Freigesprochene selber hatte dabei in einem kurzen Rollentausch das Video mit Aussagen jenes Polizisten kommentieren, der durch seine Prügelorgie traurige Berühmtheit erlangte. Dabei wurde der eklatante Widerspruch sichtbar der zwischen der Wahrnehmung des Polizisten und den objektiven Beweisen besteht. Jene Wahrnehmung hatte sich zwischen dem ersten Prozesstermin im Juli und dem zweiten im September noch verfestigt. Auch nach mehrmaligem Nachfragen von Richter und Verteidiger blieb der Polizist der Einsatzeinheit Lentos bei seiner Version. Nachstehend einige Zitate aus den Protokollen der beiden Verhandlungen gegen Günther (G. und F. sind Polizisten, H. ein weiterer Angeklagter), vergleicht selber:
"Zeuge G.: Ich habe den Fußtritt gegen den Kollegen F. gesehen, und dass er mit der Faust um sich gehaut hat." (HV-Protokoll vom 28.7.2009, S. 22)
"Zeuge G.: … war meine Wahrnehmung die, dass Herr Mag. Z. mit der linken Hand versucht, Herrn E. herauszureissen und gleichzeitig mit der rechten Körperhälfte – rechter Fuß und rechte Faust – um sich schlägt." (HV-Protokoll vom 28.7.2009, S. 25)
"Verteidiger: Das erste Mal haben Sie gesagt, vor Ihrem ersten Schlag muss der Fußtritt erfolgt sein, nach Ihrer Wahrnehmung. Bleiben Sie dabei?
Zeuge G.: Ich habe diesen Fußtritt wahrgenommen. Das war für mich ein Paket, dieses Zurückreissen des E. und diese körperliche Attacke gegen F.
Verteidiger: Und daraufhin haben sie das erste Mal den Schlagstock erhoben?
Zeuge G.: Ja." (HV-Protokoll vom 17.9.2009, S. 5)
Den link zum ORF-Video sowie die aktuellen Medienberichte nach der Pressekonferenz findet ihr auf http://antifa.servus.at/pressespiegel.
Weil es wohl von Seiten der Polizei sehr schwer ist sich mit dem Freispruch von Günther abzufinden bekam dieser nun Post vom Strafamt der Bundespolizeidirektion Linz, eine Strafverfügung. Er habe, wie von Polizeibeamten festgestellt worden ist, vorschriftswidrig an einer Versammlung teilgenommen, „da Sie einen Gegenstand mit sich geführt haben, der dazu bestimmt war, die Feststellung der Identität zu verhindern, indem Sie ein Halstuch bei sich gehabt haben“. Nach § 9 Abs. 1 Z. 2 Versammlungsgesetz (dem sogenannten Vermummungsverbot) soll er nun 90 Euro zahlen oder 72 Stunden einsitzen. Die erste Reaktion wie immer bei solchen Strafverfügungen: Einspruch erheben.
Bezüglich des Prozesses in 1.Instanz des jungen Demonstranten aus der Steiermark (der zu 360 Euro bedingt verurteilt wurde) wurde nun vom Anwalt Berufung wegen Nichtigkeit und des Ausspruches über die Schuld eingebracht. Wann es zu einer Berufungsverhandlung beim Oberlandesgericht kommen wird ist noch nicht absehbar, möglicherweise aber noch in diesem Jahr.
Die Verhandlung von Rainer Zendron, dessen Strafantrag wegen 'Widerstand gegen die Staatsgewalt' durch die Intervention des Justizministeriums zustande gekommen ist, ist für den 5. November angesetzt. Die Staatsanwaltschaft wollte eigentlich das Verfahren gänzlich einstellen. Von 2x 'Widerstand gegen die Staatsgewalt' und 1x 'schwere Körperverletzung' ist nun jedoch nur 1x Widerstand übrig geblieben. Alle sind eingeladen dieser mit Spannung erwarteten Verhandlung beizuwohnen.
Die Verhandlungen über jene drei Beschwerden beim Unabhängigen Verwaltunssenat, die durch den Anwalt eingebracht wurden sind zur Zeit Ausgesetzt und werden nach dem Prozess gegen Rainer Zendron weiter geführt.
Mit Freude wurde vom Bündnis gegen Polizeigewalt auch zur Kenntnis genommen, dass sich neben der Volksanwaltschaft nun auch der Menschenrechtsbeirat mit den Ereignissen vom 1. Mai und vor allem mit der Performance der Polizei in den darauffolgenden Ermittlungsverfahren beschäftigt. Es sei nur kurz an das der Staatsanwaltschaft nicht weiter geleitete Polizeivideo und den haarsträubenden Umgang mit dem belastenden Aktenvermerk erinnert, der zum Strafantrag gegen Hansi geführt hat. Dieser wurde ja bekanntlich von einer Hand voll Polizisten unterschrieben, die im Prozess zugeben mussten, von dem beschriebenen Sachverhalt nichts mitbekommen zu haben.
Nun haben sich die Betroffenen der Polizeigewalt vom 1. Mai mit ihrem Anwalt Mag. Rene Haumer entschieden eine Sachverhaltsdarstellung zum Verhalten von vier Polizisten am 1.Mai an das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) zu senden. Das BIA führt die kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei Verdachtslagen von Amtsdelikten und von Korruption. Es obliegt nun dem Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium diese Sachverhalte zu prüfen und gegebenenfalls die Ergebnisse der Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft weiter zu leiten. In dieser Sachverhaltsdarstellung werden die durch die Videos dokumentierten Geschehnisse dargestellt. Aufgrund der Videos besteht der dringende Verdacht des Amtsmissbrauchs und der körperlichen Misshandlung bzw. Körperverletzung unter Ausnutzung der Amtsstellung. Kern der Sachverhaltsdarstellung sind die Schlagstockeinsätze. Einleitend regt der Anwalt jedoch auch an das Aussageverhalten der Polizisten vor Gericht einer Überprüfung zu unterziehen. Der Anwalt der Betroffenen Mag. Rene Haumer schreibt in der Vorbemerkung zur Sachverhaltsdarstellung:
"Ihr völlig überzogenes Einschreiten versuchte die Polizei mit (vorgeblichen) Attacken von Demonstrationsteilnehmern (sic!) zu rechtfertigen. Diese Rechtfertigungsstrategie muss zwischenzeitlich aufgrund der rechtskräftigen Freisprüche [...] sowie der rechtskräftigen Einstellung des Ermittlungsverfahrens als gescheitert bezeichnet werden. Zweck dieser Sachverhaltsdarstellung ist es nun, den von der Polizei bislang verweigerten inneren Selbstreinigungsprozess in Gang zu setzen, ohne dabei eine der Gesellschaft vorbehaltene politische Bewertung des Umgangs der Polizei mit polizeilichem Fehlverhalten vornehmen zu wollen."
Der Verlauf der Ermittlungen wird unter Ausnutzung der den Betroffenen zukommenden Opferrechte ständig beobachtet werden. Die Betroffenen können sich darüber hinaus entscheiden Amtshaftungsansprüche zu stellen, diese müssen bei der Finanzprokuratur (als Anwaltskanzlei der Republik Österreich) eingefordert werden. Ein zivilrechtliches Verfahren wegen Schmerzensgeld gibt es, wenn die Gewalt von der Staatsgewalt ausgegangen ist, nicht.
Natürlich war in der Vorbereitung der Sachverhaltsdarstellung auch Thema, dass dem BIA als Abteilung des Innenministeriums nicht sehr viel Vertrauen gegenüber gebracht wird bzw. ob es nicht sinnvoller ist die Sachverhaltsdarstellung direkt bei der Staatsanwaltschaft zu deponieren. Dieser Weg wurde nun gewählt, weil das BIA bereits in der Sache ermittelt. Die Staatsanwaltschaft, bei der in dem Zusammenhang ein Akt gegen "unbekannte Täter" liegt hat das BIA schon zuvor mit Ermittlungen beauftragt. Somit handelt es sich nur um eine Abkürzung.
Laut Medienberichten hat die Polizei Linz schon die ersten Konsequenzen gezogen, jene Beamten die nun in der Kritik stehen sollen künftig nicht mehr zu Einsätzen der Einsatzeinheit herangezogen werden. Die Polizeiführung geht nun auf einmal auf Distanz zu ihren Beamten und spricht davon das das Verhalten einzelner überprüft werden muss. Angeblich hätte die Einsatzleitung stets auf Deeskalation gesetzt, sei dann aber von der Entwicklung überrascht worden. Einige wenige seien plötzlich ausgezuckt, minutenlang sei die Einsatzleitung mit ihren Befehlen nicht mehr durchgedrungen. Die haben sich wohl alle miteinander nicht im Griff.
Bei all diesen aufgezeigten Fällen geht es um konkretes Fehlverhalten einzelner Beamter. Dem „Bündnis gegen Polizeigewalt“ war es auch wichtig, erneut darauf hinzuweisen, dass dieses den gesamten Polizeieinsatz, also die Einkesselung von Teilen und Verhinderung der gesamten Maidemonstration, für demokratiepolitisch höchst fatal hält und von den Verantwortlichen in der Polizei ein Überdenken ihrer Strategie einfordert. Ob Forderungen an die Polizei, abgesehen von der nach der Selbstauflösung, sinnvoll sind sei hier einmal ausgeklammert, jedoch ist es durchaus wichtig die gesamte Amtshandlung am 1. Mai sowie die Staatsgewalt als solche zu hinterfragen. Ein wenig besteht zur Zeit die Gefahr, dass einige wild gewordene Polizeibeamte als Sündenböcke abgestempelt werden und ansonsten oder dadurch das Vertrauen in den (Rechs)Staat wieder steigt. Daher muss, auch wenn die Sachverhaltsdarstellung das konkrete Verhalten von 4 Polizisten beinhaltet, weiterhin auf das Problem der Staatsgawalt durch ihre bewaffneten Arm, die Polizei hingewiesen werden. Auch und besonders nach den Vorfällen in Krems. Der gesamte Einsatz und die Polizei als Institution und 'Staatsgewalt' muss in Frage gestellt werden.
Autonome Rechtshilfe (Linz)
Einladung zur Pressekonferenz des Bündnisses gegen Polizeigewalt
Juristische Schritte gegen Polizeibeamte
Bündnis gegen Polizeigewalt kündigt Pressekonferenz für Mittwoch, 14.Oktober um 10.30 Uhr im Gelben Krokodil in Linz an.
Nachdem ein weiterer Demonstrant rechtskräftig freigesprochen wurde, bringt die Verteidigung kommende Woche Sachverhaltsdarstellungen zum Verhalten einzelner Polizeibeamter beim Büro für interne Angelegenheiten (BIA) ein.
Auf der Pressekonferenz wird
- das Beweisvideo präsentiert, das zu dem erneuten Freispruch geführt hat
- über die juristischen Schritte gegen 4 Polizeibeamte berichtet
- über den Stand des ausständigen Verfahrens gegen Rainer Zendron informiert
Alle MedienvertreterInnen und Interessierte sind herzlich zur Pressekonferenz eingeladen.
Pressekonferenz: 10.30 Uhr Gelbes Krokodil, OK Platz 1, 4020 Linz
Rückfragehinweis: Vanessa Gaigg 0650/2728398
gegenpolizeigewalt@servus.at,
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Nächster Freispruch in der 1. Mai-Causa
Erneut führten widersprüchliche Polizeiaussagen zu Freispruch.
Heute erfolgte das dritte Urteil in der Prozessserie nach den skandalösen Vorfällen rund um die verhinderte 1. Mai-Demonstration in Linz. Günther Z. wurde in zwei Fällen Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Die Anklage basierte im Wesentlichen auf den Aussagen von Revierinspektor Christian Gusta und Gruppeninspektor Andreas Fellhofer. Wie schon in der ersten Verhandlung gegen Hans-Peter E. konnten die Aussagen des RI Gusta durch Videobeweise zweifelsfrei widerlegt werden. Auch die Version von GI Fellhofer warf erhebliche Zweifel auf, die schließlich zu einem Freispruch „in dubio pro reo“ führten.
Bedenklich erscheint, dass einer der beiden Beamten die Sachverhaltsdarstellung des anderen als Vorlage für seine eigene Niederschrift nutzte. Trotz der objektiven Videobeweise blieben beide Polizisten bei ihren Aussagen, die das Gericht letztendlich nicht nachvollziehen konnte.
Das „Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit“ begrüßt den erneuten Freispruch und hält fest, dass sich die Vorwürfe der Polizei zusehends in Luft auflösen. „Es wird immer offensichtlicher, dass der Polizeieinsatz vom 1. Mai insgesamt ein Skandal ist, Schlagstockeinsätze und Festnahmen zu Unrecht erfolgt sind und der Umgang innerhalb der Polizei mit belastenden Aussagen und Sachverhaltsdarstellungen jedem Rechtsverständnis spottet.“, halten die BündnissprecherInnen Vanessa Gaigg und Christian Diabl fest.
„Wir fordern die Staatsanwaltschaft einmal mehr auf, endlich Ermittlungen gegen die beteiligten Beamten einzuleiten und den Polizeieinsatz lückenlos aufzuklären.“, so Gaigg und Diabl.
„Angesichts der bisherigen juristischen Aufarbeitung möchten wir an die undifferenzierten Aussagen von Landeshauptmann Pühringer und Sicherheitsdirektor Lißl unmittelbar nach dem 1. Mai erinnern. Wir erwarten uns von dieser Seite eine erneute öffentliche Stellungnahme.“ schließen Gaigg und Diabl.