„Weisung von oben“: Vize-Rektor nach Mai-Demonstration angeklagt

nachrichten.at
Die, 2009-08-25

LINZ. Nach dem Polizeieinsatz bei der KPÖ-Demo am 1. Mai muss sich der Vizerektor der Linzer Kunstuni, Rainer Zendron wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht verantworten. Auf Weisung des Justizministeriums, sagt sein Verteidiger.

Wie berichtet geriet Vizerektor Zendron in den Polizeieinsatz bei der Demo, als Polizisten eine junge Demo-Teilnehmerin verhaften wollten.

„Ich sah, wie Beamte eine junge Frau aus dem Polizei-Kessel zerren wollten. Ich ging dazwischen, um zu schlichten. Plötzlich wurde ich von hinten zu Boden gerissen, am Boden mit Handschellen gefesselt und in einen Arrestantenwagen getragen“, sagte Zendron damals im OÖN-Interview. Jetzt muss er sich vor Gericht wegen versuchten Widerstands gegen die Festnahme der jungen Frau verantworten.

Ursprünglich stand der 55-Jährige auch unter Verdacht, gegen seine eigene Verhaftung Widerstand geleistet und sogar einen Polizisten schwer verletzt zu haben. Diese Vorwürfe wurden aber von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

„Die erste Instanz dürfte ursprünglich auch eine Einstellung des Verfahrens wegen des aktuellen Tatvorwurfes geplant haben. Doch laut Akten hat es hier offensichtlich eine Weisung des Justizministeriums gegeben, einen Strafantrag zu stellen“, sagt Zendrons Strafverteidiger Rene Haumer.

Bei der Staatsanwaltschaft Linz und der Oberstaatsanwaltschaft Linz wollte man sich zur Weisungsfrage nicht äußern. Aus dem Justizministerium hieß es auf OÖN-Anfrage, eine entsprechende Information würde das Amtsgeheimnis verletzen.

Den Ermittlungsbehörden steht nunmehr auch ungeschnittenes Filmmaterial des ORF über die Geschehnisse bei der Demonstration zur Verfügung. „Leider kann man den Polizeizugriff auf Herrn Zendron nicht genau sehen, weil ein Zeitungsständer dazwischen ist“, sagt Haumer. „Was man aber erkennen kann, ist der Schlag eines Polizisten gegen den Vizerektor.“

Der angeklagte Hochschullehrer sagt: „Es überrascht mich nicht. Es ist legitim, wenn ich als quasi Prominenter genauso vor Gericht stehen muss wie die jugendlichen Demonstranten. Ich bin äußerst zuversichtlich, dass ich vor Gericht meine Unschuld beweisen kann.“

Die bisherige Bilanz der Strafverfahren: Ein Demonstrant wurde rechtskräfig freigesprochen, ein weiterer nicht rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Verfahren gegen jene Frau, der Zendron laut Eigenangaben helfen wollte, wurde eingestellt. Ein weiterer Prozess wurde vertagt. Außerdem laufen Maßnahmenbeschwerden gegen die Polizei beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS). (staro)