1 Mai 09: Alle Aktivist_innen freigesprochen!
Nachdem es die letzten zwei Monate ruhig geworden ist um das juristische Nachspiel des letztjährigen 1. Mai und der auf diesen folgenden Welle an Verfahren und Prozessen gegen Demonstrant_innen gibt es nun wieder erfreuliches zu berichten. Mit dem nun in 2. Instanz erfolgten Freispruch jenes Demonstranten der im Sommer noch zu einer Geldstrafe von 320 Euro verurteilt wurde sind nun alle Verfahren gegen Aktivist_innen zu deren Gunsten beendet worden. Doch was immer noch nicht erfolgt ist ist die Aufarbeitung des gründlich schief gegangenen Polizeieinsatzes.
Die Bilanz der gerichtlichen und verwalungsstrafrechtlichen Verfahren gegen Demonstrant_innen: vier Freisprüche durch das Gericht, eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft, Einstellung aller Verwaltungstrafverfahren.
Noch im Laufen sind die Untersuchungen des Menschenrechtsbeirates, der Volksanwaltschaft und dem BIA bezüglich einzelner Übergriffe durch Beamt_innen und den gesamten Polizeieinsatz als solchen. Nun warten wir mit Spannung auf die Verhandlung der Maßnahmenbeschwerden vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat die vom Anwalt der Betroffenen eingebracht wurde.
Berufungsverhandlung in 2. Instanz
Ein 18jähriger Demonstrant aus der Steiermark wurde im Sommer in 1. Instanz wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer bedingten Geldstrafe von 320 Euro verurteilt. Verteidiger Mag. René Haumer beeinspruchte das Urteil. Am Donnserstag den 11. Februar 2010 erfolgte die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Linz, die mit einem Freispruch endete. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Bedenkzeit, somit ist der Freispruch rechtskräftig.
UVS
Nun da alle Verfahren vor Gericht beendet sind, kann es endlich zur Fortsetzung des UVS-Verfahrens kommen, dass auch dazu beitragen kann den Polizeieinsatz genauer unter die Lupe zu nehmen. Konkret geht es um ein Verfahren mit drei Beschwerden, die durch den Anwalt der Betroffenen beim Unabhängigen Verwaltungssenat OÖ eingebracht wurden. Szenen die dabei im Mittelpunkt stehen sind unter anderem der Angriff eines Schlägertrupps der Polizei auf die eingekesselten wie auch mögliche Verfehlungen bei der Verhaftung von Rainer Zendron.
Halstuch-Strafbescheid aufgehoben
Am 17.09.2009 wurde Günther im Rahmen der Prozesse zum 1. Mai in Linz vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt freigesprochen. Er staunte nicht schlecht, als nach seinem Freispruch und mehr als 5 Monate nach den Ereignissen vom 1. Mai eine mit 7.10.2009 datierte Strafverfügung ins Haus flatterte, wonach er 90 Euro Strafe zahlen sollte, weil er bei seiner Festnahme ein Halstuch eingesteckt hatte. Für die Bundespolizeidirektion Linz eine Vorbereitungshandlung für eine Vermummung. Rechtsanwalt Mag. René Haumer legte umgehend Einspruch gegen diesen Bescheid ein, der nun mit einem Schreiben vom 10.2.2010 aufgehoben wurde.
BIA
Nachdem schon im Spätsommer die ersten beiden Freigesprochenen vom Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium einvernommen wurden statteten die Beamten der BIA Mitte Dezember Linz einen weiteren mehrtägigen Besuch ab. Dabei wurde nicht nur Rainer Zendron einvernommen sonder auch zwei Zeug_innen. Dem BIA war es ein großes Anliegen Personen zu finden die jene Situation beschreiben können in der Rainer Zendron von einem Uniformierten aus heiterem Himmel mit dem Schlagstock attackiert wird, jene Situation also die schon durch das ORF Video vom 1. Mai bekannt wurde.
Was das BIA mit den gesammelten Erkenntnisse tun wird, ob sie also der Staatsanwaltschaft einen Bericht übermitteln mit dem Ziel einen Strafantrag gegen die Polizisten zu erwirken, steht in den Sternen.
Friedensinitiative Linz
Das Friedensbüro der Stadt Linz hat Gruppen und politische Zusammenhänge die am 1.Mai auf die Straße gehen zu einem Gespräch eingeladen. Sie möchten eine Begegnung von Demonstrant_innen und Polizei organisieren um den "Demonstrationsfrieden" beim kommenden 1. Mai sicherzustellen. Die Wünsche der Initiative wurzeln in der friedenspädagogischen Illusion eines herrschaftsfreien Diskurses auf gleicher Augenhöhe. Übersehen wird dabei, dass es sich hier nicht um einen Konflikt zwischen zwei gleichberechtigten Streitparteien handelt, sondern um staatliche Repression gegen politische (und vor allem antifaschistische) Aktivist_innen. Einer Mediation wurde von den bei diesem Gespräch anwesenden Aktivist_innen nicht nur mit Skepsis begegnet sondern grundsätzlich abgelehnt. Mauscheleine mit der Polizei wird es nicht geben. Wenn die Friedensinitiative einen Sinn darin sieht kann sie ja die Polizei mit friedenspädagogischer Arbeit beglücken. Da es auch im Bezug auf den 1.Mai ein klares einseitiges Fehlverhalten gegeben hat (was auch von der Friedensinitiative so gesehen wird) liegt es nicht an den Demonstrant_innen zukünftige Demos in Linz friedlich zu gestalten. Schon die Erfahrung seit dem 1.Mai hat gezeigt, dass es immer nur dann zu angespannten Situationen gekommen ist, wenn sich die Polizei einmischt, immer wenn sie sich brav im Hintergrund hält ging alles gut.
Statt einem runden Tisch hinter verschlossenen Türen wurde eine öffentliche Veranstaltung mit einem hochrangigen Polizeivertreter (Lißl oder Widholm) vorgeschlagen, bei welcher die Standpunkte öffentlich dargelegt werden können. Weiters erklärte sich die Friedensinitiative dazu bereit die Stadt Linz in die Pflicht zu nehmen, den Beschluss des Gemeinderates ernst zu nehmen und darauf hin zu wirken dass der Polizeieinsatz lückenlos aufgearbeitet wird.
Bündnis gegen Polizeigewalt
Um das Anliegen der Friedensinitiative zu diskutieren und den "Frühjahrsplan" zu schmieden lädt das Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit alle Interessierten zum nächsten Bündnistreffen ein. Dieses ist für Donnerstag 25. Februar um 18.00 Uhr in der Kaisergasse 14a, 4020 Linz festgesetzt worden.
Es trifft meist einzelne, gemeint sind aber stets alle!
Autonome Rechtshilfe (Linz)
http://rechtshilfe.servus.at