1.-Mai-Demo: Freispruch für Vizerektor
Vorwurf: Attacke auf Polizisten
Widerspruch bei Zeugenaussagen
Im fünften und letzten Prozess rund um die eskalierte Linzer Demo am 1. Mai wurde gestern der Vizerektor der Kunstuni freigesprochen.
Linz. Die Erleichterung steht Rainer Zendron, Vizerektor der Linzer Kunstuni, ins Gesicht geschrieben. "Ich freue mich - obwohl ich ja eigentlich gar nichts verbrochen habe." Gestern Vormittag musste sich der 53-Jährige wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt" vor dem Linzer Landesgericht verantworten. Wie berichtet, war Zendron nach der gewaltsam verlaufenen Demonstration am 1. Mai vorgeworfen worden, einen Polizisten attackiert zu haben. Nach zweieinhalb Stunden hatte Richter Benedikt Weixlbaumer genug gehört: Er sprach Zendron nach dem Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" frei - noch nicht rechtskräftig.
Widersprüche
"Ich war bei bei der Demo nur Zuschauer", rechtfertigte sich Zendron. Eingegriffen habe er erst, als ein Polizist mit völlig unangemessener Gewalt ein Mädchen mit der Faust geschlagen und zu Boden geworfen hatte. "Ich wollte auf ihn einsprechen, habe ihn vielleicht am Oberarm berührt. Geschlagen habe ich aber niemanden." Trotzdem wurde Zendron ebenfalls niedergeworfen. Auf die Frage des Richters, ob er sich noch gewehrt hätte, antwortete der Vizerektor ruhig: "Es wäre absurd gewesen, mich mit Polizisten anzulegen, die im Nahkampf ausgebildet sind." Entscheidend für den Freispruch waren - wie bei den vorangegangenen Prozessen - die unterschiedlichen Darstellungen durch die beteiligten Polizisten, die als Zeugen geladen waren. "Einer der Beamten tat mir fast schon leid. Er verstrickte sich komplett in seiner Aussage, wusste nicht einmal mehr, wo ich gestanden bin", sagt Zendron und fügt hinzu: "Jemand muss ihm das angeschafft haben." Er forderte eine Anklage des Einsatzleiters und eine Entschuldigung von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), welche die Verhaftungen gutgeheißen hatte. Auch das Gericht wertete die Aussagen als "widersprüchlich und nicht stimmig".
UVS-Beschwerde
Die gerichtlichen Nachspiele der Demo endeten für die Teilnehmer mit drei Freisprüchen, einem eingestellten Verfahren und einer Verurteilung zu einer Geldstrafe. Doch noch ist die Causa 1. Mai nicht vorbei: Drei Beschwerden sind beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängig, Menschenrechtsbeirat und Volksanwaltschaft ermitteln weiter.