1. Mai Linz: Die Soliarbeit und der erste Prozess

at.indymedia
Mit, 2009-05-27

Kaum ein Monat ist vergangen seit der massiven Polizeigewalt vom 1. Mai, die Linz schlag(stock)artig aus der alljährlichen Frühjahresmüdigkeit gerissen hat. Wir blicken auf einen aktiven, engagierten und solidarischen Monat zurück: ein breites Bündnis hat sich gegründet (und wächst weiterhin), Solidaritätsaktivitäten wurden initiiert, die Prozesse der Betroffenen vorbereitet, Preise verliehen, Pressekonferenzen organisiert undundund.

Am‭ ‬1.‭ ‬Mai waren hunderte Antifaschist_innen in Linz zusammen gekommen,‭ ‬um einen Aufmarsch der neonazistischen NVP zu verhindern.‭ ‬Was wir dann erlebten,‭ ‬hat einmal mehr bewiesen,‭ ‬dass auf die Behörden‭ ‬-‭ ‬insbesondere auf jene in Oberösterreich‭ ‬-‭ ‬kein Verlass im Kampf gegen rechts ist.‭ ‬Anstatt gegen die in Gruppen immer wieder auftretenden Nazis vorzugehen,‭ ‬attackierte die Polizei brutal die Antifaschist_innen und behinderte stundenlang die Demonstration.‭ ‬Es gab mindestens‭ ‬5‭ ‬Verhaftete,‭ ‬die zum Teil brutal verprügelt wurden,‭ ‬mehrere Festnahmen und weitere verletzte Demonstrationsteilnehmer_innen.‭ ‬Es folgten‭ ‬5‭ ‬Anzeigen wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung.

Die juristischen Folgen

Ein Prozesstermin gegen einen jener Aktivisten, die nach dem brutalen Zugriff der Polizei aus dem Kessel gezerrt und verhaftet wurden, ist schon für den 12. Juni fixiert. Der Vorwurf lautet Widerstand gegen die Staatsgewalt. Vier weitere wurden am 1. Mai wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt oder schwerer Körperverletzung angezeigt und müssen mit einem Prozess rechnen, die polizeilichen Vorverfahren dazu sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Bei der Hauptverhandlung am 12. Juni sind mindestens fünf Exekutivbeamte eingeladen als Zeugen zu erscheinen und den Vorwurf zu untermauern, der Aktivist hätte sich mit Faustschlägen und Tritten gegen seine Festnahme gewährt.

Solidarität heißt Widerstand

Abgesehen von der inhaltlichen Solidarität durch die Unterstützung des „Bündnis gegen Polizeigewalt – Für Demonstrationsfreiheit“ wird auch jede Menge finanzieller Hilfestellung benötigt um die anfallenden Anwaltskosten zu decken. Es ist schon eine kleine Summe Privatspenden (auf diesem Wege herzlichen Dank an alle Spender_innen) auf das Rechtshilfekonto eingegangen.
Für die, die sich private Spenden nicht leisten können oder auch nicht wollen, weil sie den Weg in die Öffentlichkeit wählen, um sich auch so deutlich gegen Polizeirepression zu positionieren, ist der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Zahlreiche Kulturvereine und Institutionen sind aktiv: es werden Einnahmen von Konzerteintritten, Partys und anderen Veranstaltungen zu Verfügung gestellt, Solibeiträge auf Verkaufspreis von Getränken und Produkten drauf geschlagen, ein Soli-Sampler ist in Vorbereitung,...
Auch weiterhin besteht natürlich die Möglichkeit das Bündnis gegen Polizeigewalt – Für Demonstrationsfreiheit und dessen Forderungen nach einer lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes, der sofortige Einstellung der Verfahren und der Rückkehr zu demokratischen Spielregeln und Demonstrationsfreiheit zu unterstützen.

Nicht alles ist wie es scheint

Nur wenige Tage nach dem 1. Mai tauchte auf youtube ein Video auf in dem einer der eingekesselten Demonstrant_innen als agent provocateur geoutet wird. Nun sind jedoch Fakten aufgetaucht die diese Sicht der Dinge in Frage stellen. Nicht jener Demonstrant mit Kaperl, Kapuze und Rucksack sagte „I bin a Beamter“ sondern ein außerhalb des Kessels stehender Beobachter wies den ORF Kameramann mit den Worten „der Beamte, der Beamte“ an, auf den Brügelpolizisten die Kamera zu richten. Weiters wurde der besagte Demonstrant nachdem er aus dem Kessel geleitet wurde wie alle anderen beamtshandelt und dessen Personalien notiert.
Dies bedeutet natürlich nicht zwingend das keine Provokateur der Polizei vor Ort war, doch es scheint ungerechtfertigt das durch das Video in die Welt gesetzte Gerücht aufrecht zu halten.

Beschwerde beim UVS

Vom Anmelder der 1. Mai Demo wurde in der Zwischenzeit eine Maßnahmenbeschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) wegen der Polizeiwillkür am 1. Mai eingebracht. Er erhebt als Beauftragter des Aktionskomitees 1. Mai Beschwerde gegen die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich und die Bundespolizeidirektion Linz wegen Verhinderung einer ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Demonstration. Damit sieht er das verfassungsmäßige Grundrecht der Demonstrationsfreiheit in Frage gestellt bzw. aufgehoben. Vor allem hält er es als mit der Demonstrationsfreiheit unvereinbar, wenn die Polizei die Teilnahme an einer Demonstration von einer präventiven Identitätsfeststellung abhängig macht.

Vielen Dank an Alle die sich betroffen fühlen, obwohl sie (zufällig) nicht direkt betroffen waren!

Alles zu den Solidaritätsaktionen sowie rechtliche Infos und Tips: https://antifa.servus.at

Bündnis gegen Polizeigewalt - Für Demonstrationsfreiheit!: http://gegenpolizeigewalt.servus.at