Gnackwatsch´n de Luxe

Kupf-Zeitung Nr.130
Mit, 2009-07-01

Besondere Ereignisse erfordern besondere Massnahmen. So zum Beispiel eine »de luxe Watschn«.

Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Der 1. Mai in Linz ist so ein Fall, erstmals seit dem Faschismus hat die Polizei eine Maidemonstration verhindert und zerschlagen. Der Einsatz war laut Zeug_innenaussagen und Dokumentationsmaterial unverhältnismäßig und außergewöhnlich brutal. Ebenso außergewöhnlich war jedoch auch die Reaktion der Zivilgesellschaft. Binnen kürzester Zeit hat sich ein »Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit« gebildet, das Mitte Mai schon von über 150 Organisationen und Initiativen unterstützt wurde. Die KUPF ist Teil dieses Bündnisses und hat bereits am 2. Mai mit einer Presseaussendung auf die skandalösen Vorfälle reagiert. Keine Frage, dass nun auch die schärfste Waffe der KUPF-Zeitung, die »Gnackwatsch´n« zum Einsatz kommt. Aufgrund der vielen involvierten Player gibt es erstmals eine Gnackwatsch´n de Luxe, bei der drei der vier Staatsgewalten direkt angesprochen werden.

An die Polizei

Tja, das hättet ihr euch wohl nicht gedacht. So ein Theater, so ein Medienrummel,so eine schlechte Presse. War das wirklich notwendig? Wieviel Arbeit und Ärger hätten wir uns alle erspart, wenn ihr wie jedes Jahr euren Job gemacht hättet. Der besteht darin den Verkehr zu regeln, die Strassen für angemeldete Demonstrationen frei- und provozierende Neonazis auf Distanz zu halten. In allen drei Punkten habt ihr versagt. Es wäre derselbe (langweilige) 1. Mai geworden wie jedes Jahr. Eine Latschdemo über die Landstraße, Internationale singen und dann Bier trinken. Kurz nach Mittag wär alles vorbei gewesen und ihr hättet eure Ruhe gehabt. Nun weiss ich, dass ihr euch eh schon grün und blau ärgert, dass gewisse Einsatzleiter seitdem nicht mehr gesehen wurden und wohl schon Ampeln ersetzen. Mir ist auch klar, dass einige von euch intern gewaltig eine auf den Deckel bekommen haben, in einem Land, in dem es prinzipiell keine Rücktritte gibt, ist das anscheinend das Maximum an Konsequenzen. Trotzdem muss ich nochmal nachlegen, denn Fehler zuzugeben ist nicht euer Ding. Selbstreflexion bedingt eine gewisse geistige und kulturelle Reife und diese zu entwickeln, ist nicht Teil eurer Ausbildung. Bevor ihr euch aber ungerecht behandelt fühlt: Ich weiss schon, dass ihr nur wenig dafür könnt, dass ihr blinde Befehlsempfänger seid, kleine Nummern unter vielen, darauf trainiert, im Fall des Falles kräftig zuzuschlagen. Ich versteh auch eure Frustration, ein Scheiss- Job, schlecht bezahlt, in der Bevölkerung belächelt und nicht mal Mutti freut sich über ihren knüppelnden Buben, der nun als Fleischhacker auf Youtube zu sehen ist. Und dann noch ein Polizeipräsident, der sich doch tatsächlich vor die Kamera stellt und behauptet, da wäre alles in Ordnung gewesen. Ist euch klar, dass euch diese Nibelungentreue noch mehr reingeritten hat? Dass auch ihr Opfer von polizeiinternen Machtkämpfen geworden seid? Dass ihr nur kleine Bauern im Schachspiel zwischen schwarzem Sicherheitsdirektor und rotem Polizeipräsidenten seid?

An die Politik

Ich weiss nicht wer von euch für diesen Polizei-Saustall verantwortlich ist, vielleicht ist euch das nicht mal selbst klar. Was ich schon weiss ist, dass im Herbst gewählt wird und somit waren eure Reaktionen nicht überraschend, in einem schmutzigen Spiel wird zwangsläufig mit Dreck geworfen. Ganz rechts heißt in Österreich auch ganz dumm und die FPÖ hat uns nicht enttäuscht. Geistige Eintagsfliegen wie Vilimsky oder Hainbuchner haben ihren Job gemacht, den Einsatz aus der Ferne als »völlig korrekt« beurteilt, Demonstranten verunglimpft und sogar den Rücktritt von Rainer Zendron gefordert, weil der an gewaltätigen Demonstrationen von Linksextremisten teilnimmt. Ihr macht Politik von und für Arschlöcher und das wie immer tadellos. Ihr ÖVPler habt es da schon schwerer, auch wenn klar ist, dass ihr euch aus wahltaktischen Gründen hinter die Exekutive stellen müsst und ein Parteichef darf das auch tun. Wenn dieser Parteichef aber auch Landeshauptmann ist, wird das bedenklich. Von dir als Landesvater fordere ich eine differenzierte Sichtweise, auch die Geprügelten sind deine Bürger und nicht weniger wert als die Polizisten. Sich reflexartig und bedingungslos hinter die Polizei zu stellen, hieße auszuschließen,
dass es zu Fehlern gekommen sein könnte und das steht dir nicht zu. Auch wenn du noch am Morgen des 1. Mai mit der Exekutive gefrühstückt hast, ein Schelm, wer böses denkt… Skandalös und traurig ist die ausbleibende Reaktion der SPÖ. Kein Wort kam dem Linzer Bürgermeister über die Lippen. Einen besseren Beweis für den desolaten Zustand der Sozialdemokratie gibt’s wohl nicht. Ihr habt nicht nur den 1.Mai zu einem Festzug verunstaltet, ausser euch darf anscheinend auch kein andrer feiern, einfach zum Speibn.

An die Medien

Eure Rolle ist zumindest zwiespältig, was für unsere unterentwickelte Medienlandschaft schon einen Fortschritt bedeutet. Das Positive zuerst: Der Polizei-Skandal war über eine Woche präsent und dafür ein großes Lob. Weniger erfreulich war, dass ihr alle in den ersten Tagen unkommentiert und ohne andere Meinungen einzuholen, die von der Polizei vorgesagte APA-Meldung abgetippt habt. Ich geh mal davon aus, dass euch dieser Copy-and-Paste-Journalismus im Nachhinein eh ziemlich peinlich ist, ich hoffe das zumindest. Vor allem von selbsternannten Qualitätszeitungen wie dem Standard, hätte ich mir mehr erwartet. Den Vogel abgeschossen hat aber das Volksblatt, das mit der Schlagzeile »Vermummte attackierten Polizisten mit Pfefferspray« berichtete. Nun ist das Volksblatt, wie jeder weiß, keine richtige Zeitung, gehört sie doch der ÖVP. Doch auch für einen als Presse getarnten schwarzen Werbeprospekt ist solch eine Tatsachenverdrehung höchst peinlich und verwerflich. Auch eure Schwesterzeitung »Rundschau« hat bewiesen, dass Seriosität nicht ihre Sache ist, so wurde als Beispielfoto für vermummte Demonstranten ein altes Bild deutscher Autonomer mit schwarzen Masken und Helmen gezeigt, was mit den sommerlich gekleideten eingekesselten Teenagern nichts, aber auch wirklich gar nichts, zu tun hat. Drei Gewalten haben also kläglich versagt, die vierte Säule unserer Demokratie, die Justiz, befasst sich gerade mit der verhinderten Demonstration. Es bleibt zu hoffen, dass Wahrheitsfindung kein leeres Wort bleibt und sich ein derartiger Skandal in Linz nicht mehr wiederholt.