"Bündnis gegen Polizeigewalt" erwartet Freisprüche
Am Dienstag stehen zwei Angeklagte wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht.
Linz - Nach dem Ausbruch von Gewalt zwischen Kundgebungsteilnehmern und der Polizei bei einer 1.-Mai-Demonstration in Linz stehen am Dienstag wieder zwei Demonstranten vor Gericht. Der erste Strafprozess gegen einen Demonstranten endete im Juni mit einem Freispruch. Das "Bündnis gegen Polizeigewalt" übte in einer Pressekonferenz am Montag in Linz heftige Kritik an der ÖVP Linz, die in ihrer Sicherheitskampagne auf die Demo Bezug genommen hatte.
An der rechtmäßig angemeldeten Demo vom "Aktionskomitee 1. Mai" nahmen 500 bis 700 Personen teil. Rund 100 Polizisten waren im Einsatz. Mit der Begründung, es hätten sich 50 Vermummte eingeschlichen, wollte die Polizei die Identität von Kundgebungsteilnehmern feststellen. Dabei eskalierte die Situation. Es gab auf beiden Seiten Verletzte, fünf Personen wurden festgenommen, darunter der Vizerektor der Linzer Kunstuniversität, Rainer Zendron. Seinen Prozess erwartet das Bündnis noch vor den Landtagswahlen im Herbst.
Widerstand gegen die Staatsgewalt
Von sechs Beschwerden beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) wurde bisher eine abgelehnt - jene von Demo-Anmelder und KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner - weil er nicht persönlich von eine Polizeimaßnahme betroffen gewesen sei. Auch die Volksanwaltschaft habe zwei Prüfverfahren eingeleitet, berichtete die stellvertretende Bündnis-Sprecherin Marlene Brüggemann. Am Dienstag stehen zwei Demonstranten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht, das Bündnis erwartet neuerlich Freisprüche.
Einer der Angeklagten ist Günther aus Linz, Sozial- und Wirtschaftswissenschafter sowie nach eigenen Angaben "Freie-Szene-Mensch". Er schilderte die Ereignisse vom 1. Mai so: Die Stimmung sei zunächst friedlich gewesen, dann hätte die Polizei wahllos eine Gruppe umstellt. Vermummte habe er nicht gesehen, lediglich vereinzelt hätten Leute Kapuzen oder Sonnenbrillen getragen. Die Beamten seien schließlich handgreiflich geworden, berichtete er. Er habe "niemals" Gewalt gebraucht, "trotzdem zerrten viele Arme meine Extremitäten in alle Richtungen". Dann seien ihm Handschellen angelegt worden. "Ich bin total unschuldig, ich habe nichts gemacht", beteuerte er in der Pressekonferenz.
Bündnis fordert Fairness
Brüggemann appellierte angesichts der aktuellen Fairness-Diskussion im oberösterreichischen Landtagswahlkampf, den Demonstranten ebenfalls Fairness zukommen zu lassen. Konkret kritisierte das Bündnis die ÖVP Linz: Diese habe in einer Wahlbroschüre, die im Juni - nach dem ersten Freispruch - an Linzer Haushalte verschickt wurde, auf die Demo Bezug genommen habe. "Linke Chaoten lösten am 1. Mai in der Stadt Linz Tumulte und Randale aus", hieß es darin. Über dem Text ist ein Foto von Vermummten zu sehen, und darin der Schriftzug "Linz geschockt!". Die Aufnahme stamme aus den 90er Jahren und sei in Berlin gemacht worden, weist das Bündnis jeden Zusammenhang mit der Linzer Kundgebung von sich. Die ÖVP Linz hingegen sprach von einer "zulässigen Illustration", aus der jeder seine Schlüsse ziehen könne. Eindrücke seien subjektiv gesteuert.