Linz: Die Prozesse wurden vertagt und was sich sonst noch so tut
Beide Prozesse die am Dienstag den 28. Juli im Linzer Landesgericht anfingen und wieder auf großes Besucher_inneninteresse gestoßen sind wurden vertagt. Ersterer da durch den Anwalt weitere Zeug_innen geladen werden sollen, zweiterer weil sich in den anberaumten 5 Stunden nur die Einvernahmen des Beschuldigten und die eines Polizisten (von 7 die gehört werden sollen) ausgingen und ein wichtiger Zeuge der Verteidigung auf Urlaub ist. Mehrere male wurden dabei auch diverse Videosequenzen vorgespielt, unter anderem auch aus jenem Polizeivideo das das wichtigste Entlastungsbeweisstück im ersten Prozess war. Der Anwalt wies darauf hin, dass keine strafbaren Tat des Beschuldigten auf dem Video zu sehen ist und dass die Glaubwürdigkeit des Polizisten als Zeugen infrage zu stellen sei. Die neuen Termine sind der 19. August und der 17. September.
Wann mit dem Prozess gegen Rainer Zendron zu rechnen ist ist weiterhin unklarer. Da Rainer Zendron eine Person des öffentlichen Interesses ist - oder wie er selber schmunzelnt meint "eine Stütze der Gesellschaft" - besteht eine Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft an die Oberstaatsanwaltschaft. Mittlerweile liegt der Akt jedoch im Justizministerium. Auch durch das enorme Medieninteresse und die vielseitigen Solidaritätsbekundungen ist die Angelegenheit nun zu einem Politikum und zur Chefinensache geworden. Nun entscheidet die Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner und ihr Ministerium ob gegen Rainer Zendron angeklagt erhoben wird oder nicht. Wir sind gespannt.
Bei der Volksanwaltschaft sind bislang zwei Beschwerden eingelangt. Auf Anfrage des Anmelders der 1. Mai Demo bekam dieser die Information von der Volksanwaltschaft, dass diese Institution schon "eine amtswegige Untersuchung des Vorgehens der Linzer Polizei" eingeleitet hat. Geantwortet hatte die Volksanwältin Terezija Stoisits, die innerhalb der Volksanwaltschaft für den Bereich Inneres (Polizei, Fremden- und Asylrecht u.a.) zuständig ist. Nun wurde erst einmal von der Volksanwaltschaft eine Anfrage an das Innenministerium gestellt.
Die parlamentarische Anfrage der SPÖ Abgeordnete zum Nationalrat Sonja Ablinger wurde Ende Juni eingebracht und muss von der Bundesministerin für Inneres Maria Fekter (ÖVP) schriftlich beantwortet werden. Da dazu nicht die nächste Plenarsitzung des Nationalrat abgewartet werden muss wir noch im Laufe des Sommers mit einer Antwort gerechnet. Die insgesamt 22 Fragen sind sehr umfangreich. Die Verantwortung des Polizeieinsatzes und die Befehlshierarchie werden genauso behandelt wie die vom Bündnis sehr stark thematisierten demokratipolitischen Aspekte der gesamten Amtshandlung. So findet sich in der Anfrage auch die Frage ob "eine Verwaltungsübertretung (Verstoß gegen das Vermummungsverbot) das durch die Verfassung garantierte Recht auf Demonstrationsfreiheit aushebeln" kann und die Frage nach der Rechtsgrundlage des Fotografierens bei einer Identitätsfeststellung. Auch pikante Details, die die letzten Wochen diskutiert wurden, wird nachgegangen. So will die Antragstellerin wissen wie es zu dem "falschen Aktenvermerk" kommen konnte oder ob es nicht doch die Windböe war, die den Beamten ihren eigenen Pfefferspray in die Augen blies.
Wie diese Anfrage wurde bei einer Pressekonferenz des "Bündnis gegen Polizeigewalt und Demonstrationsfreiheit" am Montag vor dem Prozess ein Polizeibericht präsentiert in dem der Einsatzleiter Oberstleutnant Christian Moser die gesamte Amtshandlung beschreiben und durch den die paranoiden Vorstellungen der Polizei offenkundig werden. Das erhöhte Gefahrenpotenzial am 1.Mai, so ist darin zu lesen, ergab sich unter anderem aus einer Transpi-Aktion in der Früh des 1.Mai bei der am Gebäude des AEC (in der Nähe des FPÖ-Veranstaltungszeltes) in 15 Meter Höhe ein Transparent mit der Aufschrift "SCHLEI HC DI" angebracht wurde (und durch die Berufsfeuerwehr entfernt werden musste). Ein weiteres Argument waren die Erfahrungen bei der Demo gegen den Burschenschafterkommers im Herbst 2007 bei der eine als "Block formierte autonome Gruppe" für "Aufregung und Ausschreitungen" gesorgt habe. Könnt ihr euch daran erinnern?
Dem Bericht ist auch zu entnehmen der "Waffengebrauch mit ES und Pfefferspray in großem Ausmaß wurde ohne Befehl der vorgesetzten Offiziere in Notwehr und Nothilfe durch einzelne Beamte selbständig vorgenommen." Die "45 Waffengebräuche" wurden "den Einsatzkräften durch die massiven Angriffe der Versammlungsteilnehmer aber aufgezwungen." Wo war der den am 1. Mai?
Ein weiterer wichtiger Punkt des Bündnisses bei der Pressekonferenz war der undifferenzierte Paranoia-Wahlkampf der ÖVP zu der Gemeinderatswahl im September. Wieder besseres Wissens und eine Woche nach dem ersten Freispruch (des Rädelsführers!) erdreistete sich die ÖVP in einer Postwurfsendung unter den Titel "Linz geschockt!" die Demonstrant_innen als "linke Chaoten" und "Krawallmacher" zu diffamieren. Als Illustration wurde dabei ein Bild der Deutschen Presseagentur verwendet, dass eher nach Berlin, Göttingen oder Hamburg in den 90ern aussieht aber sicher nicht nach Linz 2009.
Weiterhin aktuell sind folgende Homepages:
http://gegenpolizeigewalt.servus.at
http://antifa.servus.at