Pilz stellt Linzer Polizei mit "E-Mail-Lesung" bloß
Der für sein Wissen um Behörden-Interna gefürchtete Grün-Abgeordnete Peter Pilz hat am Montag im Spitzel-U-Ausschuss die Polizei mit einer Lesung aus internen E-Mails bloßgestellt. Es geht darin um die eskalierte 1.-Mai-Demo in Linz. Eine Demonstrantin hatte einen Polizisten wegen eines Pfefferspray-Einsatzes angezeigt. Anstatt der Causa auf den Grund zu gehen, begrub man den Fall. Die Polizei ordnete zwar die Einvernahme des Beamten an, lieferte aber dessen Aussage gleich mit - Verleumdungs-Vorwurf inklusive.
An der von linken Organisationen veranstalteten Demo hatten am 1. Mai 2009 rund 700 Personen teilgenommen. Als etwa 100 Polizisten mit der Begründung, es hätten sich Vermummte in die Kundgebung eingeschlichen, die Demonstranten stoppten, eskalierte die Situation. Es gab auf beiden Seiten Verletzte, fünf Personen wurden festgenommen. Ein Demonstrant wurde bisher (nicht rechtskräftig) verurteilt, zwei freigesprochen, ein Verfahren eingestellt.
Die Veranstalter der Demonstration kritisierten das Vorgehen der Polizei als überzogen und sprachen von einer "Eskalationsstrategie". Genau in diesem Bezug stellt Pilz nun das Einsatzreferat des Linzer Stadtpolizeikommandos und seinen Leiter Christian Moser mit dem E-Mail-Protokoll bloß: Eine "dunkle Frau" (Zitat Moser) habe einem Polizisten vorgeworfen, sie aus rassistischen Gründen mit Pfefferspray verletzt zu haben. Die Kriminalpolizei fragte beim Linzer Einsatzkommando nach. Moser bittet per E-Mail die Polizeiinspektion Mondsee um Einvernahme des Kollegen, liefert aber gleich einen Entwurf für die Aussage mit, der auch den Vorwurf der Verleumdung gegen die Demonstrantin enthält.
"Länger soll's nicht werden"
Den gewünschten Inhalt der erbetenen Zeugenniederschrift übermittelt Moser wie folgt: "Ich habe einen rechtswidrigen Angriff (...) abgewehrt, es handelt sich hierbei um das Delikt des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung durch zahlreiche unbekannte Täter zu meinem Nachteil und zum Nachteil meiner Kollegen in der Kette. Ich sprühte somit in Notwehr und Nothilfe. Ich kann mich/ich kann mich nicht an eine dunkle Frau erinnern. Das Besprühen aus rassistischen Gründen ist eine Unterstellung, die jeder Grundlage entbehrt und meiner Ansicht nach den Tatbestand der Verleumdung darstellt. Mehr kann ich dazu nicht angeben."
"Das ist nur ein Vorschlag, länger soll's nicht werden und inhaltlich drückt es wohl eh alles aus", schreibt Moser weiter. Die von der Kriminalpolizei angeregte "Einvernahme mit Personenblatt" lehnte Moser übrigens ab: "Das mit dem Personenblatt jetzt noch nicht, so weit sind wir noch lange nicht, nur weil eine Besprühte glaubt, sie muss die Rassismuskeule schwingen."
U-Ausschuss im Zeichen der blau-grünen Schlammschlacht
Die übrige Ausschusssitzung am Montag stand im Zeichen einer blau-grünen Schlammschlacht um die gegenseitig vorgeworfenen Justiz- und Spitzelaffären. Auslöser des Streits waren Recherchen Öllingers über Kontakte von oberösterreichischen FP-Jungpolitikern zum unter Neonazi-Verdacht stehenden Bund Freier Jugend. Öllinger bat den "Datenforensiker" und Polizisten Uwe S. um Hilfe. Dass der Beamte auch interne Polizeidaten weitergegeben haben könnte, wies Öllinger zurück und versicherte, es sei ihm nur um dessen technisches Wissen gegangen: "Ich habe nichts Illegales gemacht und auch der Herr S., der sich diese Informationen im Internet angeschaut hat, macht nichts Illegales."
FP-Fraktionsführer Martin Graf und seine Kollegen bemühten sich am Montag dennoch fast 40 Minuten lang, Öllinger unsaubere Methoden nachzuweisen. Mit einer Zeugenbefragung hatte der Schlagabtausch zwischen den beiden verfeindeten Abgeordneten über weite Strecken freilich wenig zu tun, weshalb es schließlich auch Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann zu bunt wurde. Er forderte von Graf klare Fragen und von Öllinger den Verzicht auf "Plädoyers": "Ich verstehe schon, dass sich hier zwei Abgeordnete einen Diskurs geben, aber das ist nicht Sinn der Sache."
Pilz fährt wieder mit Polizei-Interna auf
Die prompte Retourkutsche kam im Anschluss – erneut – vom Grünen Fraktionschef Peter Pilz: Er zitierte ausführlichst aus dem Ausschuss vorliegenden Akten, die Kontakte früherer führender Funktionäre des Rings Freiheitlicher Jugend Oberösterreich zum - von Pilz als "neonazistisch" eingestuften - BFJ dokumentierten.
Außerdem warf Pilz der Polizei vor, nach Auftauchen der blauen Vorwürfe am 10. Juli gegen Öllinger ermittelt zu haben, ohne einen entsprechenden Auftrag der Staatsanwaltschaft und die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten abzuwarten. Zum Beleg zitierte er aus Akten, aus denen hervorgeht, dass der oberösterreichische Landespolizeichef Andreas Pilsl in der Causa persönlich aktiv wurde.
BIA ermittelte zuerst ohne Auftrag
Das bestätigte am Montagnachmittag am Hubert Bauer vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium im Zuge des Spionage-Untersuchungsausschuss. Laut seinen Angaben hat das BIA zwischen 10. ud 15. Juli ohne Auftrag in der Causa Öllinger ermittelt. Erst am 15. Juli wurden die Ermittlungen von der Korruptions-staatsanwaltschft gestoppt, und die zuständige Staatsanwältin beantragte die Aufhebung der Immunität (was am 1. September auch geschah).
Pilz vermutet ÖVP-nahe Spitzenbeamte hinter den vom Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium geführten Ermittlungen. Grund: Der oberösterreichische Landespolizeikommandant Pilsl war früher Mitarbeiter bei Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) und kennt aus dieser Zeit auch den derzeitigen Kabinettschef von Innenministerin Maria Fekter, Michael Kloibmüller. Pilz glaubt daher, dass Kloibmüller die Ermittlungen direkt bei Pilsl in Auftrag gegeben haben könnte: "Ich gehe davon aus, dass der kurze Weg über Kloibmüller-Pilsl lief."